Es ist das sechste Mal, dass Malta Barockmusikfans zum Valletta International Baroque Festival einlädt und damit nicht nur die kunstfertigen Töne der Epoche ins Gehör der Menschen bringt, sondern mit dem insularen „Openair-Museum“ gleichzeitig das Sehorgan für den kulturellen, architektonischen Reichtum der Zeit schärft. 2018 darf sich Valletta zudem Europäische Kulturhauptstadt nennen, was die Veranstalter aber nicht davon abhielt beziehungsweise in solidarischer Vielfalt vielmehr dazu anregte, weitere bedeutende Stätten außerhalb der Stadt im Rahmen von Veranstaltungen zugänglich zu machen. Eine von ihnen ist die Aula Capitulare, der Kapitelsaal der ummauerten Festungskathedrale in der ehemaligen Hauptstadt Mdina, in dem zwei Alte-Musik-Youngster die schier schimmernde Atmosphäre von Geschichte und Gegenwart beleuchteten: Jean Rondeau und Thomas Dunford.
Ihr Programm beschäftigte sich mit der Maskerade, dem üppigen Unterhaltungsschauspiel der Gesellschaft aus Tanz, Verkleidung, Dichtung, vornehmlich und trennscharf natürlich vom höfischen Adel gefeiert, bei dem auch galante Musik nicht fehlen durfte. Sie wurde oftmals dargeboten in kleiner solistischer Besetzung mit Gambe, Violine und Flöte, wie auf Gemälden festgehalten jedoch auch wahlweise mit Cembalo und Laute (Theorbe), so wie an diesem Abend. Sie bildete unter Ludwig XIV. in Frankreich den Überläufer zur Oper mit ihren daraus tradierten Anlassstücken und Höhepunkten zu Karneval, was der Kirche ein Dorn im Auge sein sollte. Verschärfte Sittengesetze waren die Folge, obwohl der Klerus selbst einer gewissen Dekadenz und Frivolität nicht abgeneigt war. Mit der Musik von französischen Hofkomponisten bis zum Ausgang des 17. Jahrhunderts jenseits des neuen Gattungsschreibers Lully spielten Rondeau und Dunford nun beeindruckend ihr Spiel damit.
Und dabei versteckten sich in den Werken noch königliche Gutenachtlieder, wie die beiden Solisten dank der intimen Atmosphäre in kurzen, erklärenden Ansprachen erläuterten. Als ein solches hätte beispielsweise die sammelnde, beruhigende Mitte der fünfsätzigen Suite in d-Moll von Robert de Visée gelten können, die in der abwechselnden Themenführung von Cembalo und Theorbe sowie dann in ihrem Zusammensein so organisch war, dass der teilweise exotische Lautenklang gerade jetzt in die hier überall erfahrbare kulturell-gemixte Umgebung passte. Umschlossen wurde sie von markanteren, kräftigeren Sätzen, in denen nicht nur die stärkeren Akzente, die in Dynamik und Soprano-Basso-Verteilung changierenden Farben gut aufeinander abgestimmt waren, sondern zudem die ausdrucksstarke Phrasierungsbalance gefielen, die in der Kombination der zwei gezupften und doch so unterschiedlichen Instrumente nicht einfach ist. Die Ecken dieses aufgeworfenen Fächers sollten eine von Jean Rondeau in prägnantem Ton gesetzte, reich verzierte, ernst-ehrwürdige Prélude mit eleganter Auflösung sowie ein keckes Arlequins-Finale sein, in denen der Enthusiasmus – ob laut oder leise – in jeder Hinsicht mit den Fingern zu spüren war.