Es muss etwas dran sein an nicht besonders guten Komödien, das aber zu guten Opern führen kann: Verdis Falstaff, seine Adaption von Shakespeares Lustigen Weibern von Windsor, zählt sicherlich zu seinen beliebtesten Werken, obwohl das Material des Ursprungs nicht gerade brillant ist. Das Gleiche gilt für Carl Nielsens Adaption von Ludvig Holbergs Komödie Maskarade (1724), ein eher abgedroschenes, nur gelegentlich komisches Schauspiel, das dennoch als Grundlage für eine Oper voller unwiderstehlichen Melodien, Witz und bunter, einfallsreicher Orchestrierung diente.
Die Handlung trägt sich im Frühling 1723 in Kopenhagen zu. Der Vorhang hebt sich und zeigt unseren Helden Leander, der gerade von einem besonders schlimmen Kater aufwacht... um fünf Uhr nachmittags. Kurz darauf erwacht auch sein Diener Henrik, eine Art Figaro-Typ mit ausgeprägt sozialistischer Ader, und die beiden beginnen, die Ereignisse des Maskenballs der vergangenen Nacht nachzuvollziehen: Leander traf ein Mädchen, Leonora, und ganz so, wie es bei einer solchen Gelegenheit üblich scheint, verlobte sich mit ihr. Das Problem ist nur, Leander ist bereits verlobt mit der Tochter von Leonard, einem Kaufmann vom Lande. Leanders Vater, Jeronimus, ist rasend vor Wut und versucht vergeblich, Leander zum Einhalten seines Versprechens zu bewegen, der jedoch weigert sich.
Trotz Hausarrest machen sich Leander und Henrik auf den Weg zum Maskenball, um Leonora wiederzusehen. Direkt hinter ihnen befindet sich Leonard, der dieses nahezu magische Ereignis erleben möchte. Auch Leanders Mutter Magdelone, ebenfalls unter Hausarrest, schleicht sich davon, um sich als Maskierte zu vergnügen; gefangen in einer unglücklichen Ehe möchte sie einfach nur ausgehen und Spaß haben. Jeronimus entdeckt dies bald und begibt sich mit seinen Diener Arv im Schlepptau wutentbrannt zum Ball.
Die Feier ist in vollem Gange und alle Charaktere werden vom Wirbel aus Licht, Tanz und Romanze mitgerissen: Leander singt Leonora süße Nichtigkeiten, Henrik ist damit beschäftigt, um Leonoras Magd Pernille zu werben und wird gleichzeitig von alten Flammen angesprochen; Magdelone und Leonard sind sich ihrer wahren Identitäten nicht bewusst und beginnen, miteinander zu flirten, und Jeronimus betrinkt sich maßlos. Als am Ende der Feier alle Identitäten enthüllt werden, erkennt Leonard seine Tochter Leonora; alles ist vergeben und vergessen, da Leander und Leonora ohnehin schon verlobt waren, und ein mitreißender Chor, der die Vorzüge der Maskerade lobt, beendet die Oper.
Ludvig Holberg war ein dänischer Schauspielautor des 18. Jahrhunderts und berühmt für seine von der commedia dell'arte inspirierten Komödien, die oft einen satirischen Unterton hatten. Carl Nielsen hatte lange mit der Idee einer komischen Oper gespielt, und hatte schon seit den 1890er Jahren eine solche auf der Basis einer Holberg-Komödie schreiben wollen. Einen Librettisten zu finden erwies sich als schwierige Aufgabe, denn die meisten Autoren, die er darauf ansprach, wagten es nicht, Holberg zu adaptieren, doch schließlich fand Nielsen jemand, der sich der Sache annahm: Vilhelm Andersen, der erste Professor für dänische Literatur an der Universität Kopenhagen. Es war jedoch nicht Andersens akademische Leistung, wegen der Nielsen ihn als Maskarade-Librettist wählte: Nielsen hatte Andersen in einer Studentenrevue auftreten sehen und war von dessen starkem Charisma sofort angezogen.
In Holbergs Maskarade wird der Maskenball des Titels abgesehen von einer Pantomime am Ende des ersten Aktes, die die Verlobung von Leander und Leonora beschreibt, nie explizit gezeigt; es wird ausschließlich darüber gesprochen. In seiner Opernfassung dampfte Andersen die Handlung von Holbergs Dreiakter ein, machte die eigentliche Handlung kompakter und fügte einen letzten Akt hinzu, der die mehr oder weniger alkoholseligen Ausgelassenheiten des Balles in all ihrer Pracht zeigt. Der neue Akt trägt wenig zur Entwicklung der Handlung bei, er ist vielmehr eine Collage der Ereignisse während eines Maskenballs, die vom moralisierenden Madrigal über Unterhaltung mit Ballett und Verwechslungen bis hin zur letztlichen Demaskierung, wenn die Gäste schließlich ihre wahre Identität enthüllen, zum Abschluss der Oper führt.