In einer idealen Welt würde die Oper Köln nicht Jahre, nachdem der Bau ihres neuen Theaters abgeschlossen sein sollen hätte, noch immer in einer zeitweiligen, gemieteten Unterkunft spielt. Und in einer idealen Welt sollte man in der Lage sein, Bernsteins „komische Operette“ Candide ohne die Hilfe von Mikrophonen aufführen zu können. Doch so sieht die Realität nun einmal aus. Choreograph Adam Coopers Inszenierung, eine Koproduktion mit dem Münchner Gärtnerplatztheater, wo man die Produktion vor einem Jahr zum ersten Mal zeigte, wurde in die niederen Ausstellungsräume des Kölner Staatenhauses gezwängt, was auch bedeutete, dass das Gürzenich-Orchester und Dirigent Benjamin Schwarz hinter dem Vorstellungsraum versteckt waren.
Dahin liegt das größte Problem hier: es wurde für notwendig befunden, die Musiker wie die Sänger mit Mikrophonen auszustatten, mit dem Ergebnis, dass das Orchester als sehr grobe Mauer von schlecht abgewogenem Klang herüberkommt, harsch, basslastig und mit dem Eindruck, es spiele eher mono als stereo – von Surround Sound ganz zu schweigen. In schlechten Momenten zeigt das jede Unsauberkeit im Spiel, und es gab genug solcher Augenblicke, dass es schwer zu glauben, war, dass dies dasselbe Orchester war, das in diesem Gebäude nur wenige Monate zuvor so göttlich Ravel gespielt hat.
Coopers Produktion selbst ist farbenfroh, schnittig und gewitzt, wenngleich sie nicht über die oberflächlichen Tollereien hinausgeht, um die Umstände der Wurzeln des Stückes in den USA McCarthys näher zu betrachten, in denen Bernstein und seine Kollaborateure (viele kamen und gingen im Laufe der Zeit) neue Resonanz auf Voltaires Satire über die Philosophie des Optimismus sahen. Rainer Sinells offenes Bühnenbild ergab eine geradlinige Spielbühne, überschaut von einer riesigen, historischen Weltkarte, auf der die Stationen von Candides pikaresker Reise hilfreich genau angegeben wurden. Die englischen Texte zu den Musicalnummern wurden beibehalten, doch Dialog und Erzählung wurden ins Deutsche übersetzt – nicht so befremdlich wie man es vielleicht erwartet hätte und verständlich, wenn man sich mit der Aufgabe konfrontiert sieht, einen deutschen Reim für den Geburtsort der Alten Dame Rovno Gubernia zu finden, der zum Englischen „hernia“ passt...