Wir haben fast hundert Jahre gebraucht, um Janáčeks Musik spielen zu lernen. In seiner Leidenschaft, eine gänzlich neue Klangwelt zum Leben zu erwecken, warf er die Konventionen der Orchestrierung über Bord, erfand unmöglich scheinende Texturen, gab seinen Streichern haarsträubend schwere Parts und stellte seine Sänger gar sehr auf die Probe. Doch, wie man im Laufe der letzten vierzig Jahre immer öfter gehört hat, billigen Musiker seine Vision und setzen sich mit ihr auseinander. Nichtsdestotrotz enthüllen die meisten Janáček-Aufführungen, besonders die letzten fünf Opern, immer wieder schwierige Ecken, Merkwürdigkeiten der Phrasierung und Probleme im Zusammenspiel – nicht jedoch die aktuelle Wiederaufnahme des Schlauen Füchsleins, derzeit im Repertoire an der Wiener Staatsoper, dort zuerst gesehen im Sommer 2014.
Diesmal wird die Vorstellung von dem gebürtigen Tschechen Tomáš Netopil geleitet, der sein Staatsoperndebüt letztes Jahr in Dvořáks Rusalka machte; man kann deutlich sehen, warum er nun für das Dirigat von Janáček zurück ist. Selten hat diese Partitur so natürlich geatmet und sich mit wundervoller Leichtigkeit und Natürlichkeit zwischen den filigranen Texturen und vollen Höhepunkten bewegt. Die Musik besitzt nicht nur Klarheit der Textur, die oft ein ungekanntes kleines Detail enthüllt, Janáčeks tutti klingen zudem immer voll und bekömmlich, nie angestrengt. Nicht nur das; Netopil findet auch eine starke strukturelle Linie durch eine Oper, die in der Vergangenheit auch oft bruchstückhaft klingen konnte. Es ist eine Vorstellung, die sich mit den großen eines Sir Charles Mackerras messen kann.
Die Inszenierung war die letzte unter der Regie von Otto Schenk nach fünfzig Jahren an der Staatsoper; Bühnenbild und Kostüme stammen von Amra Buchbinder. Diejenigen, die ausgefallenere, zeitgenössischere Produktionen gewohnt sind, mögen sie bei der schieren sinnlichen Schönheit des Bühnenbilds sträuben: es ist nicht nur voller realistischer Waldelementen, sondern auch stimmungsvoll beleuchtet, mit phantastischen Kostümen für die Tiere. Es ist schwer, nicht auf ihre traditionelle Wärme zu reagieren, selbst wenn mancher das Gefühl haben mag, die gehört in eine andere, längst vergangene Zeit. Schenks Regie ist gleichermaßen akribisch, ohne Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, und bezieht sich in der Bewegungsregie auf der Bühne oft auf Details in der Partitur: Plötzlich spiegeln sich allerlei kleine, rhythmische Figuren, die man jahrzehntelang einfach hingenommen hat, in gänzlich natürlichen Gesten.