Die Oper Norma hat eine jahrhundertelange Tradition in der Bayerischen Staatsoper , stand sie doch im damaligen Königlichen Hof- und Nationaltheater zu München anno 1835 nur vier Jahre nach der Uraufführung in der Scala auf dem Spielplan. Die Produktion von Jürgen Rose wurde in München bereits vor 10 Jahren im Januar 2006 zum ersten Mal gezeigt, mit der überragenden Edita Gruberova in der Titelpartie. Schon damals polarisierte das Regiekonzept, und das ist so geblieben; heute mehr denn je.
Allzu düster und monoton ist die in Grau- und Brauntönen gehaltene Flächengeometrie, allzu statisch wirkt die Personenregie, allzu altmodisch die Kostüme. Und wenn Jürgen Rose, der ursprünglich als Bühnen- und Kostümbildner Opernausstattungen entwarf, die gallischen Krieger und Tempeldienerinnen wie Nahost-Kämpfer ihre Sturmmasken überziehen und sie mit Maschinengewehren und Handfeuerwaffen aufs Publikum zielen lässt, erkennt man zwar immer noch den aktuellen Bezug, denn auf der geopolitischen Bühne hat sich in der letzten Dekade leider nichts zum Besseren entwickelt. Auf der Opernbühne jedoch wirken derartige Bilder mittlerweile fast deplatziert und gewollt. Farben und Licht sind wie immer bei Rose sorgfältig ausbalanciert und mit überzeugender Ästhetik komponiert und sind doch trotz allem in ihrer monumentalen Didaktik nicht mehr ganz mit den Sehgewohnheiten des modernen Opernpublikums vereinbar.
Das Bayerische Staatsorchester unter der Leitung von Antonello Allemandi wirkte zu Beginn etwas unkonzentriert und hatte seine liebe Not, den zwar technisch nicht allzu anspruchsvollen, dafür aber umso transparenteren Orchesterpart zu bewältigen. Bellinis Partitur verzeiht keine Fehler, und die gab es leider ein ums andere Mal, vor allem in der anfangs fast nervös wirkenden Cello-Gruppe. Die Unsicherheiten legten sich jedoch im Verlaufe des Abends und so geriet der zweite Akt insgesamt deutlich überzeugender als die erste Hälfte.
Auch der lettische Tenor Aleksandrs Antonenko als Pollione fand im ersten Akt noch nicht ganz zu seiner vollen Klasse. Im zweiten Akt jedoch hatte er seine Betriebstemperatur erreicht und spielte fortan die psychologisch anspruchsvolle Rolle des zwischen der Novizin Adalgisa und ihrer Herrin Norma hin- und hergerissenen römischen Prokonsuls auf Augenhöhe mit seinen weiblichen Sängerkolleginnen. Stimmlich war er eine gute Besetzung, auch wenn seine dramatische Ausdruckskraft mit zu fettem Vibrato in den hohen Lagen einherging und etwas Agilität und Flexibilität vermissen ließ.