In der Münchener Staatsoper stand Edita Gruberová sowohl in der Rolle der Elisabetta I., Königin von England, auf der Bühne als auch als Königin des Faches, das sie in ihrer beeindruckenden Karriere über Jahrzehnte regiert hat. Und auch im wiederaufgenommenen Roberto Devereux von 2004 zeigt sich noch immer der Glanz ihrer außergewöhnlichen Stimme, sodass der Abend mit einem hervorragenden Ensemble unter der musikalischen Leitung von Friedrich Haider ein Fest des Belcanto wurde.
Der österreichische Dirigent, den mit Gruberová eine lange künstlerische Zusammenarbeit verbindet und der musikalisch auch für die Premiere 2004 in München verantwortlich zeichnete, bewies abermals sein Fingerspitzengefühl auf dem Gebiet des Belcanto. Das Münchener Staatsorchester klang in seinen Händen luftig und italienisch wie selten und bescherte dem Publikum einen rastlosen, aufwühlenden Roberto Devereux. Bereits mit der Sinfonia deutete der Dirigent mit klugen Tempovariationen und detailliert gearbeiteten Farben auf die kommenden Akte voraus. Trotz aller rasanter Spielfreude vernachlässigte Haider dabei allerdings keineswegs die feinen, melodisch wunderschönen Passagen und sorgte für eine perfekte Balance zwischen Orchester und Sängern.
Obwohl das Bühnenbild in sehr reduzierter Weise mit schweren Ledersesseln und dunkelroter Tapete auf der einen Seite und Plastikwasserspendern und Alu-Zeitungsständern andererseits einen Charme schuf, der zwischen Herrenhaus und Kreisverwaltungsreferat oszillierte, war die Inszenierung in jeder Sekunde spannend und fesselnd. Die biedere Büroatmosphäre auf der Bühne war eine großartige Grundlage, die Musik unverstellt in den Mittelpunkt zu rücken. Allerdings ist dafür ein hervorragendes Ensemble aus Sängern und Orchester von Nöten, wie es an diesem Abend in der Staatsoper zweifellos zu hören war.
Edita Gruberová, die in ihrem zweiteiligen Kostüm ein wenig an die Eiserne Lady Margaret Thatcher erinnerte, gestaltete ihre Elisabetta mit den ihr so eigenen Qualitäten aus. Ihr Sopran, der in der Höhe selbst das feinste Piano trug, aber auch zu stählernen Spitzentönen in der Lage ist, hat nichts von seiner packenden Erzählkraft verloren, wenngleich Gruberová in der Mittellage etwas kurzatmig wirkte. Doch ihre Erfahrung, die immerhin mehr als vierzig Bühnenjahre umfasst, ermöglichte ihr eine Interpretation, die wirklich zum Kern der Seele der Tudor-Königin vordrang. Sie denke heute nicht mehr über die Töne nach, sondern die Seele, sagte Gruberová, und das ist sicherlich den Vorteil, den Gruberova ihren jüngeren Kollegen gegenüber hat: Ihre Interpretation wirkte von Grund auf ehrlich und packend in jeder Sekunde.