Mit dem letzten Takt von Tristan und Isolde habe Richard Wagner „das Tor der Romantik geschlossen“, bemerkte einmal Richard Strauss. Dass gerade diese Oper Wagners eine so herausragende Stellung einnimmt, liegt sicher an einigen Eigenschaften, die in solcher Vollendung bis dahin nicht erdacht worden waren und erst mit der modernen Musik machbarer erschienen. Wagners Handlung in drei Aufzügen erreicht in ihrem mittleren Teil mit einer 40-minütigen Liebesszene der beiden Protagonisten eine Ausdehnung, die so in keinem früheren Musikdrama gestaltet wurde. Und die Komposition des sogenannten Tristan-Akkords sowie dessen chromatischer, geradezu unendlicher Weiterspinnung war für viele Komponisten des 20. Jahrhunderts Vorbild zu eigenen Wegen ihres musikalischen Ausdrucks. Seit der Uraufführung 1865 am Nationaltheater München fasziniert sie die Zuhörer; während der emotional aufwühlenden Liebesszene im zweiten Aufzug erlitten sogar mehrere Dirigenten Herzinfarkte (Felix Mottl und Joseph Keilberth).
Der ursprünglich verpflichtete Regisseur für die Neuinszenierung am Theater Regensburg musste krankheitsbedingt absagen. Es gelang, mit Dennis Krauß einen jungen, vielseitigen Regisseur zu finden, der 2021 zu den Bayreuther Festspielen für Kinder diese Oper mehr mit ihren handlungstreibenden Momenten eingerichtet hatte. In Regensburg stellt er den Aspekt einer Kammeroper in den Mittelpunkt, die eine genaue Zeichnung der Rollen fordert. Die mittelalterliche Handlungsvorlage des Tristan-Epos des Gottfried von Straßburg hat Wagner in wenige Szenen gruppiert. Die äußere Handlung ist eher einfach: zwei Menschen, die sich nicht verlieben sollten, tun es aber doch und verlieren im Kampf mit den Konsequenzen ihr Leben.
Konventionen und Zwänge, in denen sie sich bewegen, wirken wie ein innerlicher Panzer, verhindern eine selbstbestimmte Existenz. Ihr hermetischer Raum, in den sie auch gefühlsmäßig eingeschlossen sind, ist im Bühnenbild von Kristopher Kempf treffend wie ein Bunker ausgestaltet, eine Kälte ausstrahlende metallische Zelle, vielleicht in einem Schiffsrumpf mit beleuchteten Bullaugen. So wie Tristan und Isolde, die sich gleich zu Anfang verlieben, von Akt zu Akt sich freimachen von den Zwängen, beginnt auch die Zelle zu zerfallen; Wandelemente gleiten weg in den Bühnenplafond, mehr Licht bringt auch mehr Wärme in die Beziehung. Dabei steht in der eigentlich von Männern dominierten Sagenwelt Isolde im Mittelpunkt, die Kriegsverletzungen zu heilen ebenso wie Tristans Sehnsucht nach Liebe zu entzünden versteht; der sprengt im zweiten Akt das Eingeschnürtsein, indem er König Markes Uniformjacke abstreift.
Krauß hat in dem eher handlungsarmen Stück einiges an Bewegung integriert: Markes Soldaten, klangschöner Männerchor des Theaters, rennen adrenalinreich über die Bühne, fuchteln mit Maschinenpistolen anstatt Schwertern; eine die Bühne überspannende Stahlbrücke wird hinauf- und herabgesteuert. Andererseits bleiben Tristan und Isolde beim Höhepunkt ihres glühenden Liebesduetts im zweiten Aufzug zwischen ew'ger Nacht, Sehnen und höchster Liebeslust wie angewurzelt an der Bühnenrampe stehen. Warum zuvor Morolds Schwert im ersten Aufzug zum handlichen Klappmesser geschrumpft war, blieb unverständlich, vielleicht wegen Krauß' sehr eingeschränkter Probenzeit.