Sie kommt so leichtfüßig daher und ist doch so schwer, die gute alte Operette, vor allem wenn es nicht, wie bei Franz Lehár, um Herz, Schmerz und ein wenig Tragik geht. Zwar geht es in Ralph Benatzkys Operette Im weißen Rössl immerhin um unerwiderte Liebe: Zahlkellner Leopold im gleichnamigen Hotel ist seit Jahren verliebt in seine Chefin Josepha, die allerdings nur Augen hat für den alljährlichen Sommergast Otto Siedler. Doch auch sie hat diesmal Pech in der Liebe, denn Siedler verguckt sich in Fabrikantentöchterchen Ottilie. Doch für Tragik ist wenig Platz, am Ende gibt es gleich ein dreifaches Happy End – schwer nachvollziehbar für den Zuschauer, wären da nicht die unsterblichen Melodien.
So verzichtete Regisseur Gilles Rico an der Oper Lausanne darauf, eine ernstzunehmende Handlung auf die Bühne zu bringen. Er inszeniert das Stück als Variétérevue mit einem Hauch von Lido, also kurzen Röckchen. Die Handlung spielt sich nicht selten auf einer Showtreppe ab und über allem schwebt ein leuchtender Lampenkreis.
Damit scheint er dem Wesen des Stücks sehr nahe zu kommen, schließlich war es nicht als traditionelle Operette geplant, sondern als Revueoperette, und entsprechend waren die Musiknummern auch sehr disparat, vom Walzerlied bis zum schmissigen Schlager, und neben Ralph Benatzky steuerten Operettenkollegen wie Robert Stolz, aber auch Schlagerkomponisten wie Robert Gilbert Melodien und Texte bei.
Aber es ist neben aller Revuehaftigkeit doch immer noch eine Operette; die Handlung steht im Vordergrund. Rico hat ihr alles Operettenhafte ausgetrieben. Die Handlung ist bei ihm eher Nebensache, die Showeinlagen dominieren. Immerhin brilliert Rico mit dem einen oder anderen Regieeinfall. So lässt er die Alpenklischeelandschaft zum Anfang von Richard Strauss' Also sprach Zarathustra aufgehen.
Das Resultat ist ein inszenatorischer Zwitter, der zwischen zwei Polen hin und her schwankt. So fällt es schwer, überhaupt einer Handlung zu folgen, zumal die Figuren allesamt nicht ernst zu nehmen sind. Rico lässt übertrieben agieren mit allen Klischees des Schmierentheaters: verdrehten Augen, Grimassen, theatralisch nach oben geworfenen Armen. Leopold und Josepha sind Witzfiguren wie auch der „schöne“ Sigismund und Ottilies Vater Giesecke (bleiben wir bei den von der deutschen Version vertrauten Namen; in der französischen Fassung sind nur Leopold und Josepha geblieben).