Während der Hype um die aktuell laufende szenische Produktion des Theater an der Wien, die mit einem in Würde gealterten Opernstar in der tragischen Titelpartie aufwarten kann, keine Grenzen zu haben scheint, spielt sich am selben Theater ein mehr als beachtenswertes Debüt ab. Das junge Ensemble Pygmalion unter seinem Gründer und Leiter Raphael Pichon präsentiert im konzertanten Gewand die Oper Zoroastre von Jean-Philipp Rameau. Das Ergebnis ist ein erlesener Opernabend für Kenner und für solche, die es noch werden wollen.
Das Jahr 1749 in Paris: Jean-Philippe Rameau, seines Zeichens Compositeur du Cabinet du Roi, legt gemeinsam mit dem nicht minder bekannten Dichter Louis de Cahusac eine neue Tragédie en musique in fünf Akten vor, die trotz eines Staraufgebots an Sängern und großzügiger Investitionen in den Bühnenapparat und die Ausstattung nur zum mäßigen Erfolg wird. Die Gunst des Publikums ist auf Seiten Jean-Joseph de Mondevilles, der mit seinem opéra-ballet Le carneval du Parnasse den Geschmack der Opernliebhaber schlicht besser getroffen zu haben scheint. Sieben Jahre später legt das Duo Rameau-Cahusac eine neue Fassung seiner musikalischen Tragödie vor und erzielt mit gestrafter Handlung und teilweise neuer und umso aufregender Musik einen grandiosen Erfolg. Die Zeit sollte beiden also Recht geben: Mondevilles Erfolg ist heute vergessen, aber Zoroastre, dem der Ruf vorauseilt, von freimaurerischem Gedankengut inspiriert zu sein, gilt als eines der herausragenden Werke der ernsten französischen Oper.
Viel Effekthascherei wird von Rameau und Cahusac aufgeboten, um das Publikum im wahrsten Sinne des Wortes zu verzaubern. Von magischen Zeremonien über Geistererscheinungen bis hin zur großen Entscheidungsschlacht zwischen Gut und Böse spielt sich in fünf Akten mancherlei auf den Brettern, die die Welt bedeuten, ab. Dies zeigt schon die eigentümliche Ouvertüre zu dieser Oper, die als programmatisch zu lesen ist. Zwei musikalische Charaktere prägen diese. Da ist zum einen ein wild auffahrendes, düsteres Thema, welchem im musikalischen Geschehen ein sanftmütig ruhiges, ja verspieltes gegenüber gestellt ist. Gut und Böse bekämpfen sich schon im Vorspiel.
Bereits diese ersten Takte lassen in der Interpretation von Raphaël Pichon und seinem Ensemble Pygmalion aufhorchen. Mit volltönendem, gut ausbalancierten Klang und kernig zugreifendem Spiel ist das verhältnismäßig groß besetzte Orchester von der ersten Minute an überzeugend und rollendeckend. Zu delikaten Vergnügungen werden nicht zuletzt die zahlreichen Tanzsätze, die die Handlung immer wieder unterbrechen, was aber bei einer solchen Ausführung nicht im Geringsten stören mag. Einen besonderen Verdienst daran trug Sylvain Fabre an der Schlagwerkbatterie, der den Abend mit Pauken, Trommel, Tambourin, Kastagnetten und einem immer wiederkehrenden Donnerblech veredelte. Doch das Orchester wusste sich auch als exzellenter Begleiter des jungen Sängerensembles zu präsentieren.