Was ist denn das? Das klingt aber ungewöhnlich! Komisch! Gehört das so, ist das falsch? Wo ist die Tuba? Fragen, die ich Konzerten aufschnappe, bringen mich zu einer kleinen Vorstellung besonderer Geräte, die uns bei historisch informierten und instrumentierten Aufführungen unter Augen und Ohren kommen können.
1 Basslaute und Salterio
Beginnen möchte ich mit Instrumenten aus der Lautenfamilie. Denn nicht vergessen werde ich die Frage einer Dame im Konzert des Händelfestspielorchesters im Löwengebäude der Universität Halle, was denn dieses große, gitarrenähnliche Ungetüm dort sei. Während die normale Barocklaute mit abgeknicktem Hals (Kurzhals- oder Sopranlaute) oder natürlich die Barockgitarre schnell erkennbar und durch Gemälde bekannt sind, führt die Basslaute manchmal zu erstaunten Blicken, besonders wenn der Hals in größere Längen führt. Taucht dann noch der Begriff Theorbe, gar Chitarrone, im Programmheft auf, kann es vielleicht schon schwieriger werden, das Instrument zuzuordnen, geht man nicht nach dem Ausschlussprinzip. Mit dem sehr langen Hals jedenfalls, über den die Basssaiten gespannt sind, den doppelten Wirbelkasten und das breitere Griffbrett sollte fix ausmachbar sein, dass es sich um das Continuo-Instrument mit Bassregister handelt, das doch ziemlich sonor klingt, selbst wenn der Betrachter aufgrund der Bauweise und Dimension noch mehr erwartet. Aber man sollte eben nicht zu enttäuscht sein, berücksichtigt man ihre Umgebung im Basso Continuo und dass die Basslaute allgemein nicht für die ganz großen Hallen von heute gemacht ist; ist sie nicht in intimerem Rahmen als Begleitinstrument eingesetzt, kann sie u.a. bei Opern allemal mindestens doppelt besetzt werden.
Im Gegensatz zur verstärkt neben der Laute wieder eingesetzten Barockharfe macht sich ein Zupfinstrument noch immer im Saal ganz rar: das Salterio. Das Psalter (zumindest begrifflich aus Kantaten bekannt) oder Barockhackbrett oder die Kastenzither wird entweder mit den Fingern gezupft (pizzicato), so dass es dem Klang der Laute und Harfe nahe kommt, oder die Saiten werden mittels kleinen Schlägeln/Hämmerchen geschlagen (battuto). Diese Technik verändert Ton und Farbe ein wenig in die Richtung des ähnlich aufgebauten Cembalos, natürlich mit dem trotz seiner sanften Verwendungseigenschaft härtlich-metalleneren, gespannteren und doch voluminöseren Effektbild.
2 Bassgambe
Zum Continuo zählt je nach Stück, Epoche und Ursprünglichkeit auch die Bassgambe, die ein Nachläufer der Lautenfamilie ist und für ein Cello gehalten werden könnte. Da vom Barockcello schon erspäht, wundert man sich nicht unbedingt über den fehlenden Stachel und das eingeklemmte Halten des Instruments zwischen Oberschenkeln und Waden, von dem der Name Viola da gamba stammt; vielmehr könnte einem der im Vergleich zierlich-näselnde Ton sowie die Bogenbenutzung irritieren, nachdem der Körperbau, die höhere Saitenanzahl und die Verzierung ersten Anlass zu Zweifeln gegeben haben könnten. An das typische noch beschlagenere, weichere, beim Saitenübergang allerdings schroffere, brüchigere Klangbild muss sich der eine oder andere vielleicht tatsächlich länger gewöhnen. Davon abhängig ist die Bogenhaltung, die zu dieser galanten Charmanz beiträgt. Der Bogen wird nicht nur anders herum gehalten, sondern zudem gegensätzlich gestrichen, das bedeutet: der Aufstrich ist der Abstrich.
3 Viola d'amore
Da sich die Viola d'amore in Bauart und Klang der Gambe ähnelt, sei auch dieses eigentümliche Instrument hier erwähnt, für das der ein oder andere Bratschist oder Violinist nun einmal sein sonst gespieltes Schätzchen am Hals kurz zur Seite legt. Am ehesten dürfte das heute im Konzert bei Bachs Johannes-Passion sein, in der das mal fünf-, üblicherweise sechs- bis siebensaitige Streichinstrument mit Resonanzsaiten unter dem Griffbrett „Erwäge, wie sein blutgefärbter Rücken“ sentimental begleitet.
4 Zink und Bassposaune
Fast gleichsam zur besonderen Verwendung der Gambe taucht der Zink, wahlweise Krummhorn (wenn eben in gekrümmter Bauweise) oder Cornetto, im Konzertbetrieb auf, der auf den ersten Blick eventuell mit einer Blockflöte zu vergleichen ist. Beim Blick auf das Mundstück und durch den festeren, lauteren Klang weicht er davon jedoch ab und darf als ein wirklich spezielles Zwitterwesen der Instrumente zählen. Dieses vor allem in der Renaissance und dem Frühbarock gespielte Horn gehört zu den Blechblasinstrumenten und bildet die Diskantstimme des Posaunenchors ab, taucht aber auch als Trompetenersatz beziehungsweise -Verstärkung auf. Wie bei der Naturtrompete, dem Naturhorn oder der Renaissance-/Barockposaune (Sackbut) kann es minimal verzögert ansprechen, da der Ton mittels Lippenspannung am kleineren Kesselmundstück erzeugt werden muss.
Den stimmlichen Gegenpart stellt korrekterweise der Serpent dar, zu dem ich allerdings gleich komme. Im Posaunenchor ist es die Bassposaune, die zwar eigentlich leicht erkennbar als solche auszumachen ist, obschon einerseits der lange Zug, zu dem man einen Hebelgriff benötigt, andererseits die schmalere Trichterbauweise einen merklichen optischen Unterschied hervorrufen. Kommt dann der Klang hinzu, fragt sich der Verwunderte manchmal doch, ob es sich nun wirklich um eine Posaune handelt. Denn heraus schallt ein knatternder, derbe röhrender, eventuell als schräg und knarzig wahrgenommener Ton, insbesondere beim Sackbut. Gerade darin offenbart sich das staunend Faszinierende, das letztlich beim Gebrauch anstelle eines 16-Fuß-tiefen Orgelpedals in Johann Sebastians Kantate Ein feste Burg ist unser Gott zu festlich-stärkender Bewunderung führt, die dann niemanden kalt lassen kann.
5 Naturtrompete
Die Naturtrompete gibt dem ersten Anschein nach an sich keinen Anlass zu größerer Verwunderung, erfahrungsgemäß aber zu größerer Enttäuschung. Dies liegt daran, dass manchmal keine so ganz sauberen (intonations- und artikulationsmäßig) und ansprechenden Töne erklingen wie im modernen Symphonieorchester erwartet und gewohnt. Den Instrumenten fehlen allerdings die Ventile, so dass die Spieler die Naturtöne mittels Lippenspannung erzeugen müssen. Diese trompettes naturelles erkennt man daran, dass der Spieler zum Spiel eine besondere Pose einnimmt: das Instrument wird mit einer Hand gehalten, während sich die andere auf der Hüfte abstützt. Die Barocktrompeten, ebenfalls langläufig Naturtrompeten (im weiteren Sinne), besitzen dagegen schon Bohrungen, die allerdings weiß Gott nicht immer davor schützen, alle reinen Töne zielsicher zu treffen. Noch schwierigere Anforderungen stellen dabei spezielle, einzelne Töne, v.a. die höchsten (wobei man aufgrund des Registers die Modelle Clarinen nennt, was jedoch nicht im Programm auftaucht), so dass man mehr Nachsicht üben sollte. Bei guter, annähernd perfekter Behandlung entschädigt der Klang mit besonders kerniger Strahlkraft, die dann – je nach überzeugter Empfindung des Einzelnen – angenehmer und direkter ist als die angepasst runde Emission einer modernen Trompete, allemal der einer ziemlich künstlichen, die aus einer kurzen, kalten, modernen Clarintrompete erschallt.
Meistens ausschließlich bei einigen Bachkantaten könnte Ihnen dann noch eine weitere Sonderform auffallen: die Zugtrompete (tromba da tirarsi), vereinfacht halb Trompete, halb Posaune. Eine neckische Erfindung, um die Choralpartie (oder den chorischen cantus firmus) instrumental zu unterstützen.
6 Schlagwerk
Hauptinstrument ist gewiss die Pauke, die bis beinahe zum 19. Jahrhundert für einen Part selten mit mehr als dem berüchtigten Paar an Kesseln besetzt wurde. Für besonders royale Anlässe der Barockzeit waren sie allerdings dann mit mehreren Spielern an jeweils zwei dieser aus Kupfer getriebenen Klangbäuche vertreten, die im Gegensatz zu den größeren modernen Exemplaren mit Naturkalbsfell bezogen sind. Einen anderen Bezug weisen zudem die Schlägel auf, nämlich normalerweise keinen (Ausnahme etwas Leder oder für spätklassische und romantische Werke auch dann aufgekommene Stöcken mit leichtem Kork und Filzüberzug). Sie sind naturbelassen hölzern und produzieren deshalb den berüchtigten harten, direkten Klang. Selbst gespielt (man erinnere an die volle Besetzung und laut Heinrich Heine des Komponisten eigenen Einsatz bei der Symphonie fantastique oder die sechzehn Stück in der Grande Messe des Morts) hat sie Hector Berlioz, der für seine Werke noch speziellere Drechselerzeugnisse entwickelte.