Sich über Zoom zu unterhalten ist derzeit ziemlich normal. Ja, man fühlt sich verbunden, aber man ist sich trotzdem fern. Das Gespräch mit den Musikern des Aoi Trios über ihre Gedanken und Erfahrungen fühlte sich dennoch viel persönlicher an. 2016 von Kosuke Akimoto (Klavier), Kyoko Ogawa (Violine) und Yu Ito (Cello) gegründet, setzt sich der Name des Trios aus den Initialen der Nachnamen der Mitglieder zusammen, bezieht sich aber auch auf den Namen der japanischen Blume aoi, zu Deutsch Malve, was, sehr passend, Bestrebung oder Ergiebigkeit bedeutet. Offen und ehrlich erzählten die Musiker erfrischend einnehmend von ihren Zukunftsplänen und sehr bescheiden von dem, was sie bisher erreicht haben.
Ich frage, wie sie als Klaviertrio zusammenkamen. Ogawa erklärt, „Wir haben uns bei der Suntory Hall Kammermusikakademie kennengelernt. Wir kommen alle aus derselben Gegend Japans und wollten in unseren Heimatstädten Konzerte spielen, also beschlossen wir, für einen Kammermusikkurs an der Kunstuniversität Tokio das Aoi Trio zu gründen.“ Auch, wenn man bereits ein versierter Musiker ist, kann es eine Kunst sein, sich in diesen formativen Jahren an Kammermusik anzupassen – eine natürliche oder erworbene Fähigkeit. Mich interessierte ihre Herangehensweise. Zum einen sind die drei sich der Unterschiede in Interaktion und Dynamik in der Interpretation zwischen solistischem und Ensemblespiel bewusst. Ihre musikalische Achtsamkeit, Sorgfalt und Grundlage sind großteils der Suntory Hall Kammermusikakademie zu verdanken. Dies erlaubte es ihnen, diese Feinheiten wahrzunehmen, sodass sie nicht als Gruppierung dreier individueller Musiker, sondern als einheitliches Klaviertrio musizieren. So beschrieb Vincent Coq des Trio Wanderer das Aoi Trio selbst in diesem Stadium seiner Karriere als Ensemble „mit wahrhaftigem Trioklang und -geist“.
Doch das geschah nicht über Nacht. Akimoto beispielsweise erkennt die unendlichen Möglichkeiten für das Klavier in der Kammermusik an, doch auch, dass das Klaviertrio die beliebteste Ensemblebesetzung ist. „Es gibt viele berühmte Komponisten, die fantastische Werke für Klaviertrio geschrieben haben. Ich habe sehr hart daran gearbeitet, nicht nur die Essenz und Grundlage der Kammermusik, sondern auch die Rolle des Klaviers nicht als die des Solisten, sondern des Begleiters zu verstehen.“ Ogawa und Ito berichten, dass sie sich bereits ein wenig vertraut waren, da sie zuvor beim Internationalen Streichquartettwettbewerb im kanadischen Banff gemeinsam im Quartet Arpa aufgetreten waren und den jeweiligen Stil des anderen also gut kannten. Ogawa sieht jedoch einen deutlichen Unterschied, stilistisch wie methodisch, zwischen dem Musizieren im Streichquartett und dem Musizieren im Klaviertrio. Ito erwähnt zudem die feine Balance, die im Klaviertrio zwischen den Instrumenten zu halten ist, wobei insbesondere das Cello sicherstellen muss, dass es genug „offenen Klang“ hat, um das alte Problem des „sehr großen Klanges“ des Klaviers auszugleichen.
Ein Katalysator war für die drei Musiker, dass sie zwischen 2014 und 2016 Mitglieder der Suntory Hall Kammermusikakademie waren. Ogawa betrachtet die Akademie als „den besten Ort in Japan, um Kammermusik zu studieren; sie unterstützte uns dabei, Repertoire zu erarbeiten und uns auf Wettbewerbe vorzubereiten. Sie bot uns auch so viel Gelegenheit, mit bekannten Musikern zu spielen, damit wir von ihnen lernen konnten – insbesondere den Übergang vom Proben zum Konzert.“ Die nächste bedeutende Zutat in der Entwicklung des Trios waren große Wettbewerbserfolge. Als Klaviertrio den ersten Preis des Internationalen ARD-Musikwettbewerbs in München zu gewinnen, ist eine Seltenheit, und etwas, das in der langen Geschichte des Wettbewerbes erst fünf Mal vorkam. Dem Trio gelang es im September 2018. Dieser Gewinn war das Sprungbrett in die internationale Karriere. „Wir hätten nie geglaubt, dass wir den ersten Preis gewinnen würden“, gesteht Akimoto, „aber das hat uns die großartige Gelegenheit gegeben, noch mehr Konzerte zu spielen, nicht nur in Japan, sondern auch in Europa und besonders in Deutschland“, wo das Trio derzeit lebt.
Seine Musikauswahl ist beeindruckend und faszinierend. Betrachtet man das breitgefächerte Repertoire, das es in den letzten zwei Jahren gespielt hat, liest sich diese Liste wie die eines lang etablierten Ensembles: Beethovens gesamte Klaviertrios, beide Schostakowitsch-Trios, Haydn, Schubert, Brahms, Schumann, Fauré, Martinů und Mendelssohn (interessanterweise das weniger bekannte seiner beiden Klaviertrios). Die für die kommenden Monate geplante Konzertreihe in Japan und Europa ist ähnlich originell und beinhaltet Werke von einigen der bereits genannten Komponisten, zusammen mit Werken, die das Trio bisher noch nicht aufgeführt hat.