Wenn man Emmanuel Chabrier auf dem Programm liest, ist es meist seine Rhapsodie España, die man zu hören bekommt. So war es auch am Samstag, als das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks Sir John Eliot Gardiner an das Pult in der Philharmonie im Gasteig bat – doch Gardiner weiß auch die weniger bekannten Werke des Franzosen zu schätzen und dem Münchener Publikum näherzubringen.
Der bekennende Wagnerianer Chabrier komponierte seine Oper Gwendoline in Anlehnung an die Musikdramen des deutschen Romantikers und bereits in der Ouvertüre zeigen sich in dicht verwobenen Melodiegängen die Einflüsse Wagners; allerdings bildet Chabrier eine ganz eigene Klangsprache heraus. Die Ouvertüre zu Gwendoline ist eine rasante, kaum ruhende Einleitung, die in der Interpretation von Gardiner sehr spannungsreich auf die Höhepunkte zuarbeitete, wobei er das dunkle Timbre des Symphonieorchesters des BR bewusst einzusetzen wusste und sehr dichte Klänge kreierte.
Dennoch hat Chabriers Musik mehr als nur effektvolle, festliche Momente zu bieten, wie die vierteilige Suite Pastorale beweist. Neben ländlicher Idylle und Dorftänzen wirkt der dritte Satz Sous bois“ („Im Unterholz“) wie eine impressionistische Collage aus Orchesterklängen, die mit grummelnden Streicherarpeggien, Flötengezwitscher und Waldhornklängen ein musikalisches Gemälde entstehen lassen. Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks klang besonders in den tänzerischen Sätzen erdig, manchmal auch deftig, um den dörflichen Charakter zu illustrieren. Dem gegenüber standen ruhige, landschaftliche Themen, die Gardiner mit Bedacht aber sehr lebhaft entwickelte.
Mit der Fête polonaise aus der Oper Le roi malgré lui sowie der Rhapsodie España schlossen die Musiker den ersten Teil des Programms ab und ließen auch bei den walzerfreudigen und rhythmisch mitreißenden Werken den Sinn fürs Detail nicht vermissen. Mal nahm Gardiner das Orchester in España stark zurück, um die Harfen hervorzuheben, bevor das Orchester mit seinem Thema umso klangvoller in die Spannung drängen konnte, mal verzögerte er den Dreivierteltakt in der Polonaise und erntete schließlich zurecht einen für das Münchener Publikum ungewöhnlich langen Pausenbeifall.