Die Festwochen-Eigenproduktion und zugleich vorletzte Premiere des diesjährigen Festivals scheint fürwahr keine unproblematische Angelegenheit: Nach einem Regie-Wechsel in allerletzter Minute hatte sich die Festwochenleitung dazu entschieden, den 82-jährigen Achim Freyer mit der Umsetzung der Fidelio-Premiere zu betrauen. Das Ergebnis war eine nicht uninteressante Produktion (wenn man mit Freyers Stil kann), der man allerdings anmerkt, dass sie etwas mehr Entwicklungszeit gebraucht hätte.
Ludwig van Beethovens Fidelio hat sich als Stück für alle festlichen Gelegenheiten unter jeder Regierung und jedem Regime erwiesen, und die Oper erweist sich inszenatorisch wie musikalisch noch immer als harte Nuss. Essentieller Aspekt unter beiden Blickwinkeln ist selbstredend die Besetzung der Rollen, die bei dieser Premiere jedoch nur zum Teil überzeugte. Wer durchwegs Lob verdient hat ist der von Erwin Ortner geleitete und von Jordi Casals und Ottokar Prochazka einstudierte Arnold Schoenberg Chor und das Orchester Les Musiciens du Louvre Grenoble unter der Leitung seines Gründers Marc Minkowski. Dieser machte seinem Ruf mit einer Tendenz für flotte Tempi wieder alle Ehre, doch störten diese nicht, denn die fügten sich harmonisch und rhythmisch ins ungemein passende Klangbild des Abends. Bei Choreinsätzen in Fidelio sind vor allen Dingen die Herren des Chores sind gefordert, die den Gefangenenchor des ersten Aufzuges (mit sauber gesungenen Chorsoli von David Sitka und Marcell Krokovay) zu einem der besonderen Momente des Abends machten. Große forte-Phrasen verleiten schnell zum Schreien, doch der Schoenberg Chor blieb auch hier kultiviert.
Die Solisten des Abends gaben hingegen ein eher gemischtes Bild ab. Aus der Gruppe eindeutig heraus ragte die Sopranistin Christiane Libor als Leonore. Auch wenn ihr Kostüm und die Regie ihr den Abend nicht leichter machte, so sang sie eine erstaunlich ausgewogene und trotz der fordernden Partie nicht zu hochdramatische Heldin. Dies zeigte sich nicht zuletzt in ihrer großen Arie, in der sie die lyrischen Passagen auch wirklich lyrische sang, ohne dabei ganz auf Dramatik zu verzichten. Gänzlich (hoch-)dramatische hingegen legte Michael König seinen Florestan an und stemmte die Töne etwas zu sehr, sodass sein eröffnender Monolog teilweise etwas unsauber wirkte. Ganz anders hingegen sein Wahnsinnsanfall am Ende der Arie; hier vermochte er wirklich durch sauberen, klangschönen Gesang und großes Stimmvolumen zu überzeugen.