Daniele Abbados Inszenierung von Verdis Don Carlo wird an der Wiener Staatsoper seit 2012 gespielt und wurde in dieser Zeit hauptsächlich von seiner Starbesetzung über Wasser gehalten. Die Vorstellung am vergangenen Abend, die zweite nach einer straffen Aktualisierung der Besetzung in dieser Tradition, wurde trotz der ihr anhaftenden Makel sehr positiv aufgenommen, dank des hervorragenden Gesanges.
Der Held des Abends war ohne Frage Ferruccio Furlanetto. Er besitzt nicht nur eine Stimme von unverschämter Schönheit und Wärme und gleitet mühelos durch seine Mittellage, die mit einer bemerkenswerten Sorglosigkeit gegenüber der fortschreitenden Zeit beeindruckt, er war auch als gebrochener, frustrierter König Philip einfach packend. Von dem Moment an, als er die Bühne betrat, über ein frenetisch bejubeltes „Ella giammai m'amo“, das den dritten Akt eröffnete (die Staatsoper zeigt die vieraktige italienische Version), war allein seine Darbietung ein Kommen wert.
Ebenso lobenswert war die Besetzung von Eric Halfvarson als blinder, unbarmherziger Großinquisitor. Stimmlich stark – zeitweise an der Grenze zu schrill – beherrschte er die Bühne akustisch, und das Duett zwischen ihm und Furlanetto zeigte nicht nur großartigen Gesang, sondern exzellentes Theater. Und wer besitzt mehr Starqualitäten als Dmitri Hvorostovsky? Oder mehr Atemkontrolle? Sein Schwerpunkt lag eindeutig auf herrlichen Legato-Linien, doch es gelang ihm gleichermaßen, als bedächtiger, loyaler Posa eine sehr gute Figur zu machen. Nach einem etwas engen Start verdiente sich auch Stefano Secco als Don Carlo seine Sporen und unseren Respekt mit brillanter Höhe, beeindruckendem Umfang und allgemeinem Stehvermögen in einer Rolle, die so schwierig zu singen ist, dass sie schon einigen sehr guten Tenören zum Verhängnis geworden ist.
Unglücklicherweise erging es den Damen in dieser Vorstellung etwas weniger gut. Obwohl Béatrice Uria-Monzon eine wunderschöne Frau mit einem beeindruckenden Instrument ist, ist sie keine Eboli. Auch Maria Pia Piscitelli schien sich in der Rolle der Elisabetta stimmlich unwohl zu fühlen und kämpfte sowohl in ihrer Arie als auch in einigen der Ensemblestücke mit den Tempi und damit, in dem riesigen Umfang, den die Rolle verlangt, das Zentrum ihres Klanges zu finden.