An einem erfolgreichen Premierenabend von Verdis Macbeth an der Metropolitan Opera erklangen vereinzelte Buh-Rufe. Der Adressat? Adrian Noble, der für die Regie der zweiten Wiederaufnahme seiner Inszenierung aus 2007 zurückkehrte. Der Grund? Wer weiß. Es ist nichts Offensives oder auch nur leicht Kontroverses an dieser aktualisierten Fassung, die ein vom Krieg gezeichnetes Land zeigt, das sich selbst zerreißt, und dessen Miliz vom aufsteigenden Stern eines General angeführt wird. Glamouröse Gehröcke und schwarze Krawatte legen die Kleiderordnung für die Feier bei Macbeth fest, während in den altbackenen, Strickjacken tragenden Hexen, die ihre Handtaschen im Takt der Musik schwingen, Humor steckt.
Mark Thompsons hochglanzlackiertes, stark geneigtes Bühnenbild ist umgeben von Bäumen. Es gibt ein Element von Abstraktion als die äußere und die innere Welt aufeinander treffen – die Baumstämmen rücken näher und formen die Säulen von Macbeths Schloss, während sich Kronleuchter über den Hexen türmen, als sie ihre Zauber brauen und sich wabernde grüne Wolken über ihren Köpfen jagen. Jean Kalmans Beleuchtung warf die Umrisse von Bäumen gegen einen drohenden, Dämmerhimmel. Eine Lampe schwingt verhängnisvoll wie ein Pendel hin und her, wird dann von Lady Macbeth ergriffen und in ihrer Schlafwandel-Szene ins Publikum gerichtet.
Was ein Freund liebevoll als „Möbelmissbrauch“ bezeichnet, ist zum Opernklischee geworden – wenn einem Regisseur die Ideen ausgehen, lass' einfach eine Figur ein oder zwei Stühle umstoßen. Und obwohl Stühle hier tatsächlich einbrechen, nutzt Noble sie einfallsreich. Macbeth, von Banquos Geist heimgesucht, hebt einen Stuhl als wolle er ihn quer über die Bühne werfen. Lady Macbeth geht dazwischen und die beiden ringen um die Oberhand, bis sie den Stuhl schließlich erfolgreich absetzt und Macbeths Gemüt einen Anker gibt. In der Schlafwandel-Szene geht Lady Macbeth auf einer Gangreihe von Stühlen, Schritt für Schritt geschaffen von den Hexen, die sich ihrer Sinne bemächtigt haben. Noble gelingt es auch, die Siegesfeier nach Macbeths Tod weniger abgedroschen als üblich zu gestalten; Macduff trauert offensichtlich noch um Frau und Kinder, die Zukunft scheint noch ungewiss... bis Fleance, der Banquos Mördern entflohen ist, aus den Schatten auftaucht.
Aus musikalischer Sicht war es eine großartige Vorstellung. Fabio Luisi hat tiefes Verständnis für die dunkle Färbung dieser frühen Verdi-Oper und leitete eine packende Interpretation – eindringlich, zügig, und doch mit wunderbar kräftigen Farben der tiefen Streicher und Bläser. Er hatte auch das Glück, eine sagenhafte Besetzung zusammengestellt zu haben, angeführt von Anna Netrebkos Hausdebüt in der berüchtigt schwierigen Rolle der Lady Macbeth.
„Tadolini besitzt eine wundervolle Stimme, klar und kräftig, und die der Lady hätte ich lieber rau, hohl und unterdrückt. Tadolinis Stimme hat etwas Engelsgleiches an sich. Ladys Stimme sollte etwas teuflisches haben...“ schrieb Verdi an Salvatore Cammarano über eine neapolitanische Inszenierung im Jahre 1848 und brachte seine Bedenken über die Besetzung mit Eugenia Tadolini zum Ausdruck. Was hätte der Komponist von Netrebkos Stimme gehalten? „Rau, hohl und gedrückt“ war sie nicht, doch sie war auch nicht engelsgleich. Ihre kräftige tiefe Lage und in sinnliches Timbre kamen in „Vieni t'affretta“ angemessen zur Geltung, als sie Macbeths Rückkehr erwartete. Die Koloraturen (oft ein Enthüllungsmoment technischer Schwäche) gelangen ihr sauber für eine sehr schnelle Cabaletta „Or tutti sorgete“.