Wenn man die Eigenschaften zeitgenössischer klassischer Musiker aufzählt, ist „Sinn für Humor“ wohl nicht die erste, die einem in den Sinn kommt. Es sei denn, man denkt an HK Gruber (Freunde nennen ihn „Nali”), der sich für eine einstündige Mittagspausen-Prom in der Cadogan Hall mit Håkan Hardenberger zusammengetan hat, die laut Hardenberger (Kurator des Konzertes) ein „Gefühl von Straßenmusik, das Gefühl einer Straßenecke“ hat.
Als Gruber drei Nummern aus Kurt Weills und Bertolt Brechts Dreigroschenoper sang, strahlte er aus, dass er Brechts Katalog an Schurken, Mördern und korrupten Polizisten ausgesprochen komisch findet. Er bot die Zeilen mit großem Schwung, breitem Grinsen und wissendem Ausdruck dar. Ich kenne das Werk seit Jahrzehnten und empfinde ebenso – der berauschende Mix von Brechts beißendem Sarkasmus und Weills eingängiger, einfallsreicher, ansteckender Musik haut mich noch immer jedes Mal um – doch es wurde deutlich, dass Gruber jeden im Publikum damit ansteckte, nicht nur hartgesottene Dreigroschenoper-Fans. Nie wurde Peachums „Morgenchoral“ gewitzter und ironischer angestimmt (der arme Sünder solle sein Schicksal erfüllen, indem er noch ein bisschen mehr sündigt – zum Beispiel dadurch, für Peachum zu stehlen). Es folgte der Kanonensong, in dem der Mörder Macheath und Tiger Brown, der korrupte Polizeichef und Macheaths alter Zechbruder, sich ihrer Tage in der Kolonialarmee erinnern, in denen sie Hackfleisch aus den Farbigen machten. Gruber und Hardenberger sangen die beiden mit unerschrockener Freude, darin eingeflochten spielte Hardenberger Weills grandiosen Trompetenpart.
In gleichermaßen sarkastischem Zug folgte darauf der Song über die Unsicherheit menschlicher Verhältnisse (mehr großartiges Trompetenspiel von Hardenberger und der bis dahin frechste Gesang von Huber); weiter ging es holterdiepolter durch den Mandalay Song aus Happy End. Dann war es an der Zeit für leichtere Kost: Weills Rheinland-Song, ein Trinklied auf einen Text von Ira Gershwin mit grauenerregenden Reimen, mit Schmackes gespielt und gesungen. Wer (außer vielleicht Noel Coward) hätte „the girls is juicier“ mit „the goosestep goosier“ gereimt?