Die Inszenierung von Das Rheingold an der Oper Leipzig von 2013 ist in zwei Dingen einzigartig. Erstens, die gesamte Oper hat das gleiche Bühnenbild, eine riesige Eingangshalle eines wohlhabenden gutbürgerlichen Hauses mit einer Wendeltreppe in der Mitte, flankiert von zwei enormen Wänden. Der Vorhang bleibt durchgängig gehoben, wodurch die flink gehandhabten Szenenwechsel während der Orchesterzwischenspiele für alle sichtbar waren. Der einzige Hinweis auf den Rhein war eine kleine Wasserlacke im Foyer, die nach der ersten Szene aufgewischt wurde. Alberich stahl das Gold aus einer Vitrine. Die zweite Szene wandelte die Eingangshalle in Wotans Wohnzimmer mit Sofas und einem Tisch. Die Götter trugen Kleider des gehobenen Mittelstandes zur Jahrhundertwende, die Riesen in Anzüge und riesige Zylinder.
Wotan und Loge stiegen durch ein enges Fenster, das sich unterhalb des Foyers öffnete, hinab nach Nibelheim. Mime erschien von links mit seinen Hammerwerkzeugen. Am Ende der Oper, nachdem die Götter über die Treppe in ihre Schlafzimmer hinaufgestiegen waren, gingen die Rheintöchter mit geneigten Köpfen über die Bühne. Die finale glorreiche Musik wurde vor einer leeren Bühne gespielt. Die Glasdecke des Raumes als wichtigste Lichtquelle zu verwendet war schlau und effektvoll; blaues Licht für die erste Szene, strahlend weißes für die zweite, rotes für die dritte Szene und Regenbogenfarben am Ende.
Die zweite herausstechende Eigenschaft dieser Produktion ist die allgegenwärtige Präsenz von zwölf Tänzern als mythische Elemente. Sie waren Requisiten, halfen bei Szenenwechsel, Zuschauer, Kommentatoren, begleiteten Erda sogar als Nornen. Manche spielten Wotans Raben, andere Tiere. Alberich verwandelte sich in einen gigantischen Wurm, umgeben von Tänzern. Anders als bei anderen Opern, die Tänzer einsetzen, funktionierten diese zusätzlichen “Körper” in dieser Inszenierung gut. Die Choreographie der Regisseurin Rosamund Gilmore, selbst eine ehemalige Tänzerin, war präzise und respektierte die Musik. Alle Bewegungen und Emotionen der Sänger wurden akribisch herausgearbeitet. Wotan war ein arroganter, dennoch verwirrter, Frauenheld, der versuchte seine Würde angesichts eines aussichtslosen Dilemmas zu bewahren. Fricka wusste bereits über Wotans Marotten und Selbstsüchtigkeit Bescheid. Alberich war nicht so sehr ein Ausgeburt des Bösen, sondern wurde durch die Gedankenlosigkeit anderer böse gemacht. Loge war ein Clown, ein Manipulateur, ein flatterer, der seine Verachtung für die Familie nur schwer verstecken konnte. Das Schauspielern war an manchen Stellen lustig, ohne dabei aufgesetzt zu wirken. Wotans Familie schien hier eine Parodie auf das Bürgertum zu sein, das sich nur allzu oft zu wichtig nimmt. Die Regisseurin meinte vielleicht, dass Humor ein gutes Mittel wäre, um das Publikum miteinzubeziehen. Und es funktionierte. Die Oper entwickelte sich zu einem sarkastischen Familiendrama, voller Ironie und Pathos.