Bei Opernproduktionen, die in der Zukunft spielen, scheint es immer das gleiche Problem zu geben. Ohne ein Budget, das groß genug ist, um die Art glänzende visuelle Elemente zu schaffen, die wir aus modernen Scifi-Filmen gewöhnt sind, erinnern diese Inszenierungen eher an TV-Serien von1975. So war es auch mit Balázs Kovaliks neuer Produktion von Turandot an der Oper Leipzig.
Heike Scheeles Bühnenbild präsentiert eine graue Honigwabenstruktur, die die Bühne umgibt. Hinten dreht sich zeitweise ein großer Ventilator und ein Verbindungsgang mit fluoreszierenden Lichtstreifen verläuft durch das Zentrum des Bühnenbilds. Das „Popolo di Pekino“ trägt schwarze Trainingsanzüge und Sonnenbrillen (Kostüm: Sebastian Ellrich), alle mit einem unerklärten metallenen Flecken an der Schläfe, der in Momenten des Jubels berührt wird. Wachen in gepolsterten grauen Anzügen halten mit futuristischen, spitzen Stöcken Ordnung.
Es ist eine passende Idee, Turandots Reich ausdrücklich dystopisch zu schaffen – die orientalischen Nettigkeiten des Werkes selbst tun wenig, um die Widerwärtigkeit eines Großteils seines Szenarios zu verstecken – und Lorenzo Fioronis Produktion für die Deutsche Oper 2008 tut etwas ähnliches, wenngleich ohne den futuristischen Blickwinkel. Kovalik verdient auch Lob für den Versuch, die Figur der Turandot auszugestalten, indem er ihr erlaubt, im ersten Akt aufzutreten und ein gewisses Mitgefühl für die Menge zu zeigen und sich von dem Unbekannten Prinzen angezogen zu fühlen.
Der Persische Prinz derweil ist ein kleiner Junge, der sowohl Turandot als auch Kalaf wieder erscheint – vermutlich als Geistervision, denn zu diesem Zeitpunkt haben wir ihn bereits kopfüber in eine vermutlich tödliche Vorrichtung am hinteren Ende der Bühne verschwinden sehen. Mir gefiel Martin Petzolds stark gesungener Kaiser Altoum, verstört und gänzlich unautoritär, und die chinesische Bade- und Massageanstalt für Ping, Pang und Pongs nostalgisches Trio am Anfang des zweiten Aktes ist ebenfalls ein kecker Einfall. Es gab weitere Hinweise auf eine verlorene Vergangenheit in den üppigen zeremoniellen Kostümen, die Liù und Timur unter ihren Sportanzügen trugen.
In einem interessanten Interview im Programmheft sagt Kovalik viel Intelligentes über da Stück und betont beispielsweise seine Parallelen zu Die Frau ohne Schatten, bei der er 2014 in Leipzig Regie führte. Dass diese Produktion nicht so originell, gewitzt oder prägnant wie Kovaliks Strauss-Inszenierung scheint, ist, denke ich, zum Teil ihrer optisch wenig überzeugenden Vision der Zukunft geschuldet – doch gewisser Weise auch dem Schauspiel und der Personenregie.