Jugendliche Leidenschaft stand an diesem Abend auf dem Programm: Jugendwerke allesamt, waren die Stücke jugendlich in verschiedener Hinsicht: leicht, unbeschwert bei Haydn, ungestüm bei Mendelssohn Bartholdy, schwärmerisch-verträumt bei Schönberg.
Haydn schrieb sein Violinkonzert in G-Dur wahrscheinlich zwischen 1760 und 1769, wenige Jahre nach Bachs und Händels Tod — die Komposition orientiert sich denn auch an der Formensprache des Barock. Dazu passte das Instrumentarium der Academy of St. Martin in the Fields: ein wohlausgewogenes Ensemble von knapp 20 Streichinstrumenten mit Unterstützung eines Cembalos. Das Orchester überzeugte mit einem wohltarierten, warmen Streicherklang und weicher Ansprache, bar jeglicher Rauheit, Ecken und Kanten vermeidend. Julia Fischer passte nahtlos in dieses Bild: ihre Artikulation war weich, eher lyrisch, definitiv nicht barock: das Konzert erschien hier eher im Rokoko verortet.
Der volle, ausgewogene Klang des Soloinstruments trug mühelos über der Orchesterbegleitung, ohne dass die Solistin den Ton je forcieren musste — ein beglückendes, unbeschwertes Hörerlebnis, aus meiner Sicht einzig mit dem Vorbehalt, dass die unvermittelten Temporückungen in manchen Solopassagen unmotiviert schienen und aus der Partitur nicht zu rechtfertigen sind. Wundervoll zart und vom Cembalo diskret versilbert dann der langsame Satz (Adagio), der einen an Glucks Orfeo ed Euridice zu erinnern schien. Den Schluss bildete ein virtuoser Kehraus im besten Sinne, rasch an der Grenze des Machbaren, sauber und sehr agil gespielt, wobei das Tempo allerdings wenig Raum ließ für artikulatorische Differenzierung (oder zumindest war diese im Auditorium kaum nachzuvollziehen). Insgesamt ein Hörgenuss — und eine überzeugende Alternative zu barockisierenden Interpretationen!
Mendelssohns Doppelkonzert für Klavier, Violine und Streicher in d-Moll ist das Werk eines 14-jährigen, ganz im Stile seiner frühen Streichersinfonien, kompositorisch / thematisch „einfach gestrickt“, aber virtuos und übersprudelnd vor Spielfreude, und durchaus voll witziger Einfälle wie die opernhaften Rezitativ-Passagen im ersten Satz. Den Klavierpart spielte hier Oliver Schnyder, an einem modernen Steinway, welcher — einziger Stein des Anstoßes — leider einen rechten Teil des Orchesters völlig verdeckte. Das tat aber dem Hörvergnügen keinen Abbruch: Im Zentrum stehen hier die Solisten, und der Komponist hat sich den Klavierpart ja „in die Hände geschrieben“.
Es war eine reine Freude, das Spiel der Solisten bei ihrem raschen Figurenwerk mitzuverfolgen, zu sehen und zu hören, wie perfekt Solisten und Orchester zusammenspielten. Speziell bemerkenswert war Oliver Schnyders leichter Anschlag, der Violine und Orchester kaum je übertönte (vielleicht mit Ausnahme der abschließenden Oktavpassagen in den raschen Sätzen) und jederzeit leicht, transparent blieb. Auch hier waren kleinere Temporückungen zu vermerken: beim Einsatz des Klaviers mit virtuosen Sechzehntelpassagen stürmte Oliver Schnyder oft mit jugendlicher Verve und Engagement vorwärts, aber in diesem Falle noch in einem natürlichen Rahmen — etwa so, wie man es auch dem Komponisten mit einem Lächeln und keinesfalls mit Unbehagen abgenommen hätte.