Entdeckungen sind es oft wert gemacht zu werden, aber selten war ich von einem Konzert so beeindruckt wie von diesem. Eine Freundin hatte mir den Besuch eines Konzertes des Ensembles empfohlen, doch als sie mir das Programm des Abends zeigte, war ich nur wenig angetan. Neben einem mir unbekannten Komponisten standen Antonio Vivaldis Le quattro stagioni auf dem Abendspielzettel, die allzu oft als süßliche, romantisch verklärte Kaufhausmusik aufgeführt würden.
Die Empfehlung jedoch hatte nicht zu viel versprochen. Ars Antiqua Austria nennt sich die 1995 gegründete Formation um ihren Leiter und Violin-Solisten Gunar Letzbor. Nur sieben MusikerInnen waren an diesem Abend zur Begleitung von Letzbor angetreten und die Verknappung der Mittel zu je einzeln besetzten Stimmen ließ bereits Großes erwarten. Das klangliche Vergnügen konnte beginnen!
Den Anfang macht das Konzert für Violine, Streicher und Basso continuo in d-Moll von František Jiránek, das man mit Fug und Recht als Entdeckung bezeichnen kann. Sein kompositorischer Stil liegt sehr nahe bei Vivaldi, was zur Vermutung geführt hat, dass der junge Jiránek bei diesem studiert hat. Zumindest ist ein dreijähriger Venedig-Aufenthalt dokumentiert, der auf eine Schüler/Lehrer-Beziehung oder zumindest auf ein Verhältnis des Komponisten zum Kreis um Vivaldi schließen lässt.
Bei der Interpretation des Konzerts legte Letzbor viel Wert auf eine Eigenschaft, die sich dieses Ensemble zu eigen gemacht hat. Die Musiker bezeichnen sich selbst als Ensemble für neue Barockmusik, möchte Vergessenes zu neuem Klingen bringen, wollen aber auch Altbekanntes durch ihre Augen und Ohren neu beleuchtet wissen. Letzbors Virtuosität blühte bei Jiráneks d-Moll-Konzert voll auf, wobei seine Arbeit mit fliegendem Bogen nicht den Schönklang ins Zentrum rückte, sondern den Ausdruck, und zwar in seiner unverstellten Form. So sägte Letzbor im abschließenden Allegro regelrecht mit seinem Bogen die Violine, und doch oder gerade deshalb war es reizvoll.