Er ist gebürtiger Berliner, aber in der Stadt selten zu hören: Christoph von Dohnányi, der zu seiner Zeit in Frankfurt auf den Spitznamen „Doch-nie-da“ getauft wurde. Als Gastdirigent der Staatskapelle Berlin hatte er sich zwei Meisterwerke des 19. und 20. Jahrhunderts ausgesucht, die als Repräsentanten ihrer Zeit gelten dürfen. Vor der Pause dirigierte er Bartóks Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta, nach der Pause die Zweite Symphonie von Johannes Brahms.
Sein Großvater, der Komponist Ernst von Dohnányi hatte im Februar 1938 die ungarische Premiere der Musik in Budapest dirigiert und auch sein Enkel ist mit Bartóks Partitur bestens vertraut. In ihr vereinigt Bartók seine drei Leitkomponisten – Bach, Beethoven und Debussy – mit der osteuropäischen Folklore. Anspruchsvoll zu dirigieren und zu spielen ist vor allem der ersten Satz, die Fächerfuge. Die Spiegel-Symmetrie der Tonarten entspricht der dynamischen, die sich aus dem Pianissimo zum Fortissimo steigert und ins Pianissimo zurückführt. Klug wählten die Musiker für das kleinräumige Mäandern der Stimmen in diesem Satz einen nüchternen, präzisen Ton, um Konstruktion als das Eigentliche des Satzes hervorzuheben. Sorgen später im Werk viele instrumentale Effekte für Aufhorchen, so ist im ersten Satz allein die Stimmführung Ereignis. Metrisch bleibt der Satz durch die ständig wechselnden Taktarten immer in der Schwebe.
Das Fugenthema ist das Zentralthema des ganzen Werkes, und es war eines der Hauptanliegen dieser Aufführung, seine Entwicklung den Hörer zu verfolgen zu lassen. Wenn die Themen des zweiten Satzes aus Elementen des Fugenthemas gewonnen wurden, so geschah dies noch im Hintergrund. Im dritten Satz dann, den die Musiker ganz Bartóks Absichten folgend, als geheimnisvolles Nachtstück aufführten, treten die vier Glieder des Themas je als Scharnier zwischen die fünf Abschnitte. Diese formgliedernden Reminiszenzen an das Thema wurden vom Orchester sehr deutlich herausgestellt. In diesem Satz, der Debussys Klangwelt heraufbeschwört, war die Orchesterkunst besonders ausgefeilt. Sehr lobenswert, dass die Musiker die Glissandi nicht als Schleifer spielten, denn gerade an einem solchen Detail zeigt sich die Meisterschaft einer Aufführung dieses Werkes.
Den vierten Satzes leiten die Streicher mit Gitarrenklängen ein und bereiten ein rumänischesThema vor, das wie von einer Fidel vorgetragen schrill intoniert wurde. Der Dirigent trieb die beiden Orchestergruppen dann wie mit der Peitsche immer von Neuem an. Das Tempo wurde so sehr beschleunigt, bis eine weitere Steigerung nicht mehr möglich erschien. Wenn das Hauptthema dann im Molto moderato ins Diatonische umgestaltet und punktiert herausgearbeitet wird, dann ist dies als die Synthese hörbar, deren Bildung wohl ein Hauptanliegen Bartóks war. Ihm ging es stets um Versöhnung der Gegensätze.