Das Leben ist kein Wunschkonzert? Stimmt! Die Ausnahme aber machten die Veranstalter der Europäischen Wochen und überließen den Zuhörern die Wahl bei der Programmgestaltung des Eröffnungskonzerts in der Studienkirche St. Michael in Passau.
Die Pilsener Philharmoniker unter der Leitung von Casper Richter hatten Brahms' Zweite und Dvořáks Siebte Sinfonie im Gepäck. Eine der beiden Symphonien und ein Satz der nicht gewählten Symphonie sollten zusammen mit der symphonischen Dichtung Prometheus von Franz Liszt zur Aufführung gebracht werden. Und mit über 70 Prozent für Dvořáks Siebte war das Ergebnis mehr als eindeutig.
Die symphonische Dichtung Prometheus behandelt die griechische Sage um den Halbgott und Kulturbringer Prometheus, die den Zuhörer vom titanischen Kampf des gefesselten Prometheus bis zu dessen triumphaler Erlösung führt. Wie ein unerbittliches Aufbäumen trugen die Pilsener Philharmoniker das Eingangsthema vor, das Dirigent Richter in gnadenloser Härte forderte. Hier zeigte sich bereits die Stärke des Orchesters, das besonders in den düster-lauten Motiven volle Leidenschaft einbrachte. Im fugalen Teil der Dichtung zerfaserte dann aber der Streicherklang durch einige Ungenauigkeiten und die gute Transparenz im Gesamtklang ging verloren. Erst in der triumphalen Coda brachten die Musiker das klare Bild wieder vor Augen und das Werk mit einem schmetternden Finale zum Abschluss.
An Prometheus schlossen die Philharmoniker den ersten Satz aus der Zweiten Sinfonie von Johannes Brahms an. Die 1877 uraufgeführte Symphonie wird gerne als „Pastorale“ bezeichnet, da Brahms sie im Sommerurlaub am Wörthersee komponierte, und gerade im ersten Satz wird die ländliche Stimmung deutlich. Richter modellierte die liedhaften Melodien mit Hilfe der Holzbläser leicht heraus und gab dem Satz eine lockere Atmosphäre. Unterstützt wurden diese sommerlichen Bilder von den Hörnern, die die Waldhorn-Imitationen präzise vortrugen. Auch Dank der Akustik in der Kirche, die erstaunlich geringen Hall aufweist, entwickelten die Philharmoniker einen breiten, der Romantik angemessenen Klang. Diesem gab Richter durch feine Schweller und dynamische Flexibilität Konturen.