Unter dem vielversprechenden Titel „Von der Neuen Welt“ vereinten die Hamburger Symphoniker in ihrem jüngsten Symphoniekonzert drei Werke mit Verbindung zu Amerika, wobei sich Dvořáks Neunter Symphonie im ersten Teil zwei weniger bekannte Werke hinzugesellten. Wie dramaturgisch durchdacht die gewählte Kombination tatsächlich war, zeigte sich nicht zuletzt auch in der Besetzung des Dirigentenparts. Hier war der Amerikaner John Axelrod mit seinem Debüt bei den Hamburger Symphonikern zu erleben und begeisterte mit engagiertem Dirigat. Auch als Solist präsentierte sich ein Debütant auf der Hamburger Bühne: Der junge Klarinettist Sebastian Manz überzeugte mit musikalischem Feingefühl und virtuoser Technik.
Der erste Teil des Konzertabends widmete sich zwei Werken aus dem 20. Jahrhundert. Kurt Weill komponierte seine Oper Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny in den ausgehenden 1920er Jahren parallel zur bekannteren Dreigroschenoper. Beide Werke basieren auf Libretti aus der Feder Bertolt Brechts und funktionieren – wie so oft bei Brecht – auch als eine Kritik an gesellschaftlichen Entwicklungen; in Mahagonny etwa herrscht eine Reflektion über den amerikanisch-kapitalistischen Lebensstandard vor. Musikalisch gesehen zeigt sich dies an der großen Präsenz von Elementen aus dem Jazz, einer in den Gesangsnummern deutlichen Anlehnung an die Songstruktur (die wenig später in der Gattung des Musicals zu einer Blüte finden sollte) und dem um Schlagzeug, Banjo, Saxophon und dergleichen mehr ergänzten Orchesterapparat.
In seiner Suite vereinte Weill die populärsten Themen der Oper miteinander und bildet so gewissermaßen einen musikalischen Werküberblick ab. John Axelrod war für dieses Stück der perfekte Dirigent, leitete er doch erst im vergangenen Jahr die Neuproduktion von Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny an der Opera di Roma. Vom ersten Takt an war denn auch deutlich zu spüren, wie gut Axelrod dieses Werk kennt und mit wie viel Begeisterung er es offenbar den Hamburger Symphonikern nahe bringen konnte. Das Orchester spielte mit frischem, saftigen Klang auf und überzeugte in den lyrischen Passagen mit klanglicher Finesse ebenso wie in den jazzigen Songabschnitten mit zupackender Präzision. Den Musikern war dabei die Freude deutlich anzusehen, diese spritzige, mit viel Esprit und Witz gewürzte Musik zu zelebrieren und ihr mit dem nötigen Swing Nachdruck zu verleihen. So ließ Weills an Stummfilmmusik erinnernde Suite für etwa zwanzig Minuten das Lebensgefühl der Goldenen Zwanziger Jahre in der gut gefüllten Hamburger Laeiszhalle Einzug halten.
Der New Yorker Komponist Aaron Copland lotet in seinem im Jahr 1950 uraufgeführten Klarinettenkonzert die Grenzen zwischen klassischer (europäischer) Musiktradition und den neuen (amerikanischen) Elementen des Jazz aus. Dass das Konzert als Auftragswerk für den legendären Jazz-Klarinettisten Benny Goodman komponiert wurde, ist insbesondere im zweiten und zugleich letzten Satz durch die deutlichen Anklänge an den Jazz spürbar. Sebastian Manz sollte sich für dieses Konzert als ideale Besetzung erweisen und glänzte vor allem im zweiten Satz mit seinem technisch hervorragenden Klarinettenspiel.