Um eine Person verständlich zu beleuchten, kommt man selbsterklärenderweise auch nicht umhin, Familie und Umfeld genauer unter die Lupe zu nehmen. Die Kölner Offenbach-Gesellschaft unterzieht daher im Rahmen ihres Jubeljahres für den berühmten Komponisten in prominenter Weise den Menschen Isaac Offenbach, Jacques' Vater, einer lohnenswerten Betrachtung. Der vor 240 Jahren geborene Isaac verbrachte als ausgebildeter Buchdrucker und Vorbeter in der Beschäftigung eines Kantors der Synagoge, Autors, Musiklehrers und nicht zuletzt Komponisten sein Leben in der Domstadt. Eine seiner Kompositionen ist das Singspiel Ester, Königin von Persien, das am 4. März 1833 erstmals in der heimischen Glockengasse im Familienkreis dargeboten wurde.
Durch seine Funktion und Prägung in der Gemeinde nicht verwunderlich, handelt das Werk vom Schicksal des jüdischen Volkes, hier der Rettung durch die Gemahlin Königs Ahasver vor der Ermordung seitens Minister Haman, anlässlich dessen das Purimfest mit Tanz und Gesang ausgelassen zelebriert wird. Im Zentrum Offenbachs Theaters steht dabei ein Narr, der in seiner Rolle als Unterhalter selbst Objekt des ausgrenzenden Spotts ist, den er jedoch mit Recht schlussendlich übertrumpft. Die Parallelen zu den späteren Erfolgsgeschichten der Opéras bouffes Isaacs Sohns sind also unverkennbar, ebenso wie die familiäre Anpassung an die Gegebenheiten und Lebensumstände. In die heutige – so traurigerweise wieder hochaktuelle – Zeit brachte es Regisseur Thomas Höft, der Ester zur neuzeitlichen Erstaufführung in den Kalker Atombunker, Relikt der im Falle des Falles aus- und eingeschlossenen Gesellschaft, Zeichen von Bedrohung, Schutz und Widerstand, schickte.
Es sollte allerdings nicht bei der Wahl des Ortes alleine bleiben, um Verknüpfungen, Reminiszenzen, Anspielungen und Bilder innerlicher, historischer und atmosphärischer Art herzustellen. Neben der Tatsache, dass Mitarbeiter des Veranstalters quasi als Familie Platz in der Darstellung erhielten, wurden die Zuschauer im Rahmen eines interaktiven Erlebnisses Teil der Realisation; mit dem Effekt, dass man in der Verkörperung des Volkes die Dramatik samt beklemmender Zuflucht, gemeinsamer Schicksalshaftigkeit und anschließender Erlösung nachempfinden konnte und auf jeden Fall Isaac Offenbach im Gedächtnis behalten wird. Grandios! Nach der Kennzeichnung(!) als radioaktiv Belastete gelangten „Wir“ in Schutzanzügen in die erst überlebens-gestrenge, dann überaus freundliche Obhut der Strahlenärztin sowie ihres stummen medizin- und sicherheitstechnischen Personals um Schauspieler und Konzeptionar Adrian Schvarzstein. In unterschiedlichen Noträumen lauschten wir Radiosendungen von „Radio Teheran“ mit dem Anchorman Mahan Esfahani(!), in denen die Texte verlesen und die Handlung berichtet wurde.