Eine besondere und interessante Werkauswahl erwartete mich an diesem Abend in der Laeiszhalle mit der Ersten Symphonie von Edward Elgar, die das NDR Elbphilharmonieorchester unter der Leitung des finnischen Dirigenten Sakari Oramo spielte. Die große Vorfreude spürte ich aber für das zu Beginn gespielte Stück Beast Sampler für Orchester des schwedischen Komponisten Anders Hillborg, der selbst anwesend war.
Es ist ein junges Stück, das letztes Jahr seine Uraufführung und nun seine Deutschlandpremiere erlebte. Das Orchester als „Beast“, so wird das Werk gerne beschrieben, um auszudrücken, dass eine Intention darin besteht, dem Klangkörper Klänge zu entlocken, die nicht die bekannten, üblichen Orchesterklänge sind. Flöten machen insektenhafte Geräusche mit schnellem Zungenschlag, Streicher spielen endlose, zehrende Glissandi, Schlagwerk und tiefe Streicher lassen mit schnell an- und abschwellendem, urtümlichem Grollen erzittern.
Das Orchester führte das alles engagiert aus, die markanten Flötenelemente zu Beginn wurden bestimmt in den Raum gestellt, jedoch habe ich das Stück schon akzentuierter, mit größerer dynamischer Bandbreite gehört. Das Elbphilharmonieorchester war hier vergleichsweise träge und ließ ab und an etwas Agilität vermissen. Dadurch gelang die Emotionsansprache nicht so konsistent und die Ablösung von bekannten orchestralen Klangmustern hätte konsequenter sein können. Doch das hatte einen anderen entscheidenden Vorteil: Das Stück war so für den gemeinen Konzertbesucher angenehmer zu hören und man konnte als Ersthörer sich besser in dieses großartige Werk fallen lassen. Zur Mitte des Stückes hin fanden die Musiker dann etwas besser in den Vortrag, die markant langen Streicherglissandi bekamen nun das notwendige Maß an Abstraktion, die Bläser stellten die langsamen Crescendi in den Kontext des Stückes. Eindrucksvoll intonierten dann die Streicher zum Schluss hin die etwas leiseren, hohen Vogelgeräusche, die wieder über Glissandi erzeugt wurden, und spätestens hier waren weite Teiles des Publikums gebannt.
Aufgrund der passiven Rolle, die der Dirigent bei diesem Werk einnahm, schien die Entscheidungsgewalt über die Vortragsstrategie zu großen Teilen beim Orchester zu liegen. Ob dieser Intensität war die kurze Umbaupause zum Violinkonzert willkommen - und dann war Vilde Frang von Anfang an mit hohem Einsatz sehr engagiert bei der Sache. Das Orchester brauchte hingegen einige Minuten, um in das Werk zu finden, begleitete die Solistin dann aber solide und mit Liebe für Stimmungsdetails. Trotz der hohen Konzentration auf ihr Instrument ging Frang auf Begleitungsangebot des Orchesters ein und ließ sich am Ende von Melodien richtiggehend in das Orchester fallen, um sich im nächsten Moment wieder energisch auf ein Pizzicato zu stürzen, bei dem sie den Kopf nach vorne über ihr Instrument senkte und es mit den Augen energisch fixierte. Dennoch passte sie sich immer wieder gut in den Gesamtklang ein, den das Orchester nicht zuletzt mit den ruhig gehaltenen Ostinati der Bläser gut vorbereitete. Im Verlauf des Konzertes versuchte Vilde Frang dann, in hohen Lagen etwas Schärfe aus dem Ton zu nehmen, spielte etwas leichter, was die Flöten ihrerseits mit sehr perlend gespielten Melodien beantworteten.