Als ich mich für das „Coronation“- oder „Royal“-Programm von Vox Luminis und dem Freiburger Barockorchester im Rahmen des Klarafestivals im Brüsseler BOZAR entschied, kam mir ganz praktisch als erstes in den Sinn, spätestens drei Tage vor der Aufführung per Briefwahl meine Stimme für die an jenem Sonntag stattfindende deutsche Bundestagswahl abgegeben zu haben. Dieses freiheitlich-demokratische Privileg hatten die Bürger schließlich zu Zeiten des Barock bekanntlich nicht, als de Lalande, Muffat, Caldara und Händel Musiken für Institutionen schrieben, die gerade nicht von Abstimmungen lebten. Die Gedanken bemühten also in der vielleicht persönlich überladenen Einfindung zum Konzert und dieser erinnerlichen Einleitung den Touch des Bizarren, wenn ich in der zwar königlichen, aber doch republikanischen EU-Hauptstadt monarchische Krönungsklänge zu hören erwartete. Allerdings passten sie gleichsam zur Repräsentanz bürokratischer Elite wie auch dem vielfach anzutreffenden Faszinosum für Historie und – einfach am universellsten – für die prächtige Musik und deren Interpreten.
Und mit welch prädestiniertester Eröffnung als Zadok the Priest hätte man ein derartiges Konzert beginnen lassen können, das gleichzeitig der Auftakt zur strukturellen, projektbezogenen Künstlergemeinschaft zwischen dem Freiburger Barockorchester und Lionel Meuniers Gesangsformation war! Kraftvoll und enthusiastisch schmetterten sie dabei Händels berüchtigste Hymne, ohne dabei allzu großspurig zu übertreiben, sondern mit weichem, allerdings entschiedenem Zepter der Klanghomogenität auf der Bühne zu regieren, so wie es eben Vox Luminis' stilbildendes Markenzeichen ist. Die herrschaftlichen Charakterzuschreibungen von Würde und Stärke quellten zudem parademäßig aus der zweiten Coronation Anthem Let Thy Hand Be Strenghtened, in der ein hohes Maß an bestätigend-erlösender Spritzigkeit und instrumental natürlich differenzierter hervortretende Dynamiken oder Stimmen wie Shizuko Noiris Erzlaute gepaart wurden mit dem berührend-überzeugenden Gnadenappell. Der Heiligsprechung nahe war man zudem in der mächtig flotten, lüftend-beflügelnden Lebensfeier von The King Shall Rejoice, nach der ein erster achtkehliger Petit chœur (der kleinere solistische Favorit, der bei einem Te Deum nicht fehlen darf) als Händels herzliche Vorhut in My Heart Is Inditing nach vorne kam. Sie ermunterte das Tutti zur abhebend wohlgefälligen, eleganten Pastoral-Siciliano-Insignia dieser Krönungsmusik, die beschlossen war von einem umso feuerwerkartigeren, superfixen Zeremoniell der Pauken und Trompeten.