Wehmütig erklingt das erste Thema in Rachmaninows Drittem Klavierkonzert und scheint „urrussisch“ zu sein. Allen Gerüchten zum Trotz, er habe ein Volkslied oder einen orthodoxen Kirchengesang verwendet, erklärte Rachmaninow, das Stück habe sich „einfach selbst geschrieben.“ Mit seiner unverwechselbaren Melodik ist es heute das wohl bekannteste Klavierkonzert des Russen. Zusammen mit der diesjährigen Artist in Residence Yuja Wang führte das Tonhalle-Orchester Zürich unter der Leitung seines neuen Chefdirigenten Lionel Bringuier das Klavierkonzert Nr. 3 und Modest Mussorgskys Bilder einer Ausstellung zum Abschluss ihrer Europatournee im Münchner Gasteig auf.
Mit seinem unvergleichlich melancholischen Klang und perlenden Klavierkaskaden reiht sich das Konzert, das 1909 in New York uraufgeführt wurde, nahtlos in die Klangsprache Rachmaninows ein. In spätromantischer Konzerttradition ist Rachmaninows Opus 30 dreisätzig, allerdings gehen der von Rachmaninow als Intermezzo bezeichnete zweite Satz und das Finale in Anlehnung an die Klavierkonzerte von Franz Liszt ineinander über. Wang spielte im ersten Satz die vom Komponisten später abgeänderte kürzere Kadenz, die auch Rachmaninow bevorzugte.
Dabei lässt sich die Tatsache, dass Rachmaninow als weltweit gefeierter Klaviervirtuose dem Orchester lediglich eine Begleitrolle für den höchst anspruchsvollen Klavierpart zusprach, nicht verleugnen. Die wasserfallartigen Klavierläufe und Akkordgriffe spielte die Chinesin virtuos und in extremem Tempo. Die Oktavparalellen feuerte sie geradezu ins Publikum ab, während sie die lyrischen Melodien, wie zu Beginn des jeweils ersten und zweiten Satzes, in feinem Piano und mit weichem Anschlag vortrug. Die präzise Zusammenarbeit mit der Soloflöte im letzten Satz zeugte von der beeindruckenden Harmonie zwischen Orchester und Solistin, wobei auch Wangs dynamische Spannweite zwischen lyrischem Pianissimo und impulsivem Forte erstaunlich war. Gleichwohl gelang es ihr, mit einer minimalen Verwendung des Pedals dem meist opulenten Klang Struktur zu verleihen, und sie begeisterte mit kräftigen Trillern in der linken Hand.
Das Tonhalle-Orchester brachte den pathetischen Klang in seiner dunklen Melancholie hervorragend zum Ausdruck, war sich jedoch seiner Rolle als Begleitung für einen furiosen Klavierpart durchaus bewusst. Im letzten Satz durfte das Orchester jedoch etwas mehr geben und Bringuier entwickelte den wuchtigen Schluss zu einem grandiosen Finale.