Für sein Gastdirigat beim Houston Symphony Orchestra hatte der französische Dirigent Fabien Gabel mit Werken von Camille Pépin, Henri Tomasi und Francis Poulenc ein Programm aus seiner Heimat konzipiert. Von Beginn an fiel die ansprechende Videoproduktion mit schnellen Schnitten auf. Der Klang in der Jones Hall war klar und zurückhaltend, und die Instrumente waren nah genug mikrofoniert, dass die klangliche Konzentration auf der Musik lag.
Die MusikerInnen gingen Pépins Ensemblewerk Avant les clartés de l’aurore mit großen Dynamikunterschieden an, und brachten damit ein mystisches Grundgefühl in den Vordergrund. Während des ersten Corona-Lockdowns von Pépin komponiert, soll das Stück die Lähmung in dieser Situation verbildlichen, aber auch Hoffnung auf ein Ende, auf Besserung geben. Das Ensemble verstand es meisterhaft, die Hoffnung in dem Stück zu betonen, indem vor allem Bläser und Violinen mit hellen Timbres agierten. Demgegenüber hätte vielleicht auch Gabel zu Beginn noch etwas mehr die erdrückende Grundsituation herausarbeiten können, die Ambivalenz in Pépins Werk ging doch etwas verloren. Wunderbar klar und deutlich gestalteten die MusikerInnen dann aber wieder die vielen Steve-Reich-Zitate, die die Komponistin in dem Stück angelegt hat. Man meinte sogar fast, das Bezugswerk Music for 18 Musicians zu erkennen.
Konzentrierte Spielfreude erlebten die ZuhörerInnen zum Beispiel vom Cello, das zwar auch mit hellem Ton, aber in der Vibratogestaltung sehr nachdenkliche Melodielinien anlegte. In vollem, rundem Ensembleklang beendeten die Beteiligten dieses Werk passend nüchtern und unprätentiös.
Mit den Konzerteinführungselementen zwischen den Werken verstand es John Mangum, der Executive Director des Orchesters, zudem, das Streamingevent zu gestalten und so noch mehr Lust auf die einzelnen Werke zu machen.
Henri Tomasis Fanfares liturgiques wurde von den Bläsern und der Percussion des Orchesters gespielt, und gleich agierten die Hörner in den langen Akkorden am Anfang sehr ruhig und mit Bedacht. Im zweiten Satz konnte der Paukist sehr erzählend mitgestalten, mit wohlüberlegter Anlage der Tempi. Dem eigentlich aus einer Oper des Komponisten stammenden Stück konnten die Ensemblemitglieder äußerst kräftig und in mittleren Farben gemalt seinen Bühnencharakter verleihen. Die epochentypischen Harmonieelemente und Timbres waren scheinbar wie geschaffen, gerade für ein amerikanisches Ensemble. Im dritten Satz glänzten wieder in der Begleitung der Paukist mit den schnellen, sicher dargebotenen Schlagfolgen, und die Trompete in den flotten aber gedämpften Ostinati. Am Ende des Satzes gaben alle MusikerInnen im Tutti breite Erzählkunst in ausgewogenen Klangfarben zum Besten.