Da wäre auch der größere, alte Tonhallesaal ausverkauft gewesen: etliche Besucher warteten vergebens auf zurückgegebene Karten, in der Hoffnung, Maria João Pires zusammen mit Altmeister Bernard Haitink und dem Tonhalle-Orchester Zürich zu erleben. Die Popularität des Abends erklärte sich aber nicht nur aus den Protagonisten, sondern genauso aus den beiden Werken. Die erste Konzerthälfte brachte das in seiner Gesamtheit eingängigste, durchwegs Ruhe und Heiterkeit ausstrahlende letzte Klavierkonzert von Mozart, von einer ausgewiesenen Spezialistin für Werke der Klassik und Frühromantik dargeboten. Gleichermaßen ideal die Konstellation von Haitink und Bruckners „Romantischer“ Vierter Symphonie: Bruckner bildet zusammen mit Mahler den Repertoire-Kern dieses Dirigenten. Doch leider konnte der Abend das Potenzial zu einer Sternstunde nicht vollständig ausschöpfen.
Haitink entwickelte den Beginn des B-Dur Konzerts von Mozart aus dem feinsten Pianissimo, durch das ganze Werk hindurch war die Artikulation zwar klar, aber nie so überdeutlich feinziseliert wie oftmals in historisch informierten Aufführungen. Die Konturen blieben weich, sanft, das Zeitmaß moderat. Nichts ist Haitink ferner als eine revolutionäre oder aufrüttelnde Mozart-Interpretation, dafür jedoch war er extrem sorgfältig in der Dynamik. Mit dem Eintritt des Solos belebte sich das Bild graduell, schien es doch, als hätte die Solistin ein leicht rascheres Tempo bevorzugt. Diese beinahe unmerkliche Diskrepanz verlor sich rasch, im Verlauf des Werks hielt Maria João Pires engen Kontakt mit dem Orchester, etwa bei Dialogen mit Bläserstimmen. In Agogik, Dynamik und Artikulation dachte, fühlte sie die Musik eher in Phrasen denn in Motiven, hielt dabei den Ton leicht und klar und verlor nie die Nebenstimmen aus dem Blickfeld. Die Pianistin blieb nahe beim Notentext, verzichtete auf zusätzliche Verzierungen – die sich in diesem Werk auch nicht unbedingt aufdrängen. Es soll damit nicht impliziert werden, dass die Interpretation harmlos blieb. Sicher, Virtuosität ist dieser Musik fern, aber in Pires' Händen war sie durchaus nicht nur heiter-entspannt, behielt jedoch einen sehnsüchtigen, melancholischen Unterton. Da fanden sich auch wundersam subtile Momente, wie die Rückkehr des Nebenthemas im letzten Solo vor Mozarts Kadenz, die sie mit Emotion und lebendiger Agogik füllte.