Noch vor der Ankündigung der neuen Spielzeit, teilte die Bayerische Staatsoper zu Beginn des Monats große Neuigkeiten mit ihrem Publikum und der Presse. Ab 2021 wird ein neues künstlerisches Duo die Leitung in München übernehmen. Der Belgier Serge Dorny, momentan Direktor an der Opéra de Lyon, wird neuer Intendant, während der russische Dirigent Vladimir Jurowski, Chefdirigent des London Philharmonic Orchestra und früherer Musikdirektor in Glyndebourne, Kirill Petrenko nachfolgen wird, der designierter Chefdirigent der Berliner Philharmoniker ist.
Aber alles – oder alle Saisonen – der Reihe nach. Um ihre 100. Saison und 200 Jahre seit der Eröffnung des Nationaltheaters zu feiern, startet die Bayerische Staatsoper mit der Festwoche „Geliebt – Gehasst” Ende September in die Spielzeit 2018/19. Zubin Mehta dirigiert das Auftragswerk Drei Märchenbilder des dänischen Komponisten Hans Abrahamsen und Bruckners Achte Symphonie. Die Woche zeigt außerdem das Ballett Anna Karenina und eine Liedmatinee mit Christian Gerhaher und Gerold Huber. Die zwei Opern der Eröffnungswoche, Le nozze di Figaro, mit Ludovic Tézier als Graf Almaviva, und Die Meistersinger von Nürnberg, geben bereits einen Vorgeschmack auf die restliche Spielzeit. Von Rassismus, dem Streben nach Macht, dem Aufstieg und Fall von Kaiserreichen und Anführern bishin zum Recht der Frau auf Selbstbestimmung – alle Premieren der Saison fallen unter den Titel „Alles was Recht ist”.
Die wichtigste Neuinszenierung für das Münchner Publikum ist wohl Amélie Niermeyers Produktion von Otello, Verdis vorletzter Oper, für die Jonas Kaufmann nach seinem Debüt an der Royal Opera in London letzten Sommer in der Titelrolle auf die Bühne zurückkehrt. Geleitet von Kirill Petrenko, singt Anja Harteros an Kaufmanns Seite Desdemona und der kanadische Bariton Gerald Finley gibt sein Bühnen-Debüt als Iago.
Chrstiane Karg singt Marie in David Böschs Inszenierung von Die verkaufte Braut von Bedřich Smetana. Getrennte Liebhaber, falsche Identitäten und Intrigen, die das Verkaufen Maries beinhalten, ziehen sich über drei Akte bevor am Ende alles aufgelöst wird und Marie ein glückliches Ende mit ihrer wahren Liebe Hans findet. Tomáš Hanus dirigiert diese komische Oper, die bei ihrer Premiere 1866 ein Maßstab des tschechischen Nationalismus war – für die Verwendung von beliebten traditionellen Tänzen und das tschechische Libretto, in einer Zeit, in der Deutsch die dominierende Sprache in Böhmen war.
80 Jahre nach der Premiere in Prag, inszeniert der spanische Regisseur Carlus Padrissa Ernst Kreneks Karl V. Nach seiner Abdankung als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, verbringt Karl V. seine letzten Tage in einem Kloster in Spanien, wo er bei einem jungen Mönch die Beichte ablegt und auf sein Leben und seine Entscheidungen zurückblickt, und versucht, sein Streben nach einem christlichen Reich zu rechtfertigen, das letztendlich zur Trennung des Heiligen Römischen Reiches führt. Krenek vergleicht die Geschehnisse des 16. Jahrhunderts mit derer der 1930er und weist auf die Gefahren politischen Opportunismus und religiösem und nationalistischem Streben hin, weshalb er mit den konventionellen Opernformen bricht – es gibt keine Arien und wenig Lyrik – um jedes Wort in diesem historischen Drama zu betonen. Bo Skovhus nimmt sich der Herausforderung der Titelrolle in dieser Zwölfton-Oper an, die von Erik Nielsen dirigiert wird.
Es wird interessant sein, Andreas Dresens Inszenierung von La fanciulla del West zu sehen, Giacomo Puccinis Oper, die in einem Goldgräberlager am Fuße der Wolkenberge in Kalifornien während des Goldrausches in den Jahren 1849 und 1850 spielt. Dresen hat bereits Arabella in München inszeniert und wurde dafür gefeiert, es in ein psychologisches Spiel zu wandeln, ohne dabei vor sozialer Kritik zurückzuschrecken. Anja Kampe singt Minnie, John Lundgren Jack Rance und Brandon Jovanovich Dick Johnson, während James Gaffigan das Staatsorchester leitet.
Als Christoph Willibald Gluck 1769 Alceste veröffentlichte, fügte er ein Vorwort hinzu, in dem er die Prinzipien seiner Opernform darlegt, um die Oper auf ihren Ursprung zurückzuführen, mit einem Schwerpunkt auf menschliches Drama und Leidenschaften. Am bemerkenswertesten ist die Einführung einer Ouvertüre, die durch das Thema oder die Stimmung mit der folgenden Handlung verknüpft ist. Dorothea Röschmann singt die griechische Heldin Alceste, die bereit ist, sich selbst für ihren Ehemann Admète (Charles Castronovo) zu opfern. Antonello Manacorda dirigiert die Neuinszenierung des belgischen Choreographen Sidi Larbi Cherkaoui, der bereits vor zwei Jahren mit Guy Cassierts für dessen Ring an der Staatsoper Berlin zusammengearbeitet und und zu Beginn des Jahres Pelléas et Mélisande an der Opera Vlaanderen auf die Bühne gebracht hat.