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Tan Dun begeistert mit neuem Chorkonzert in Amsterdam

Por , 02 septiembre 2024

Nachdem der chinesisch-amerikanische Komponist Tan Dun im letzten Jahr auf dem Holland Festival mit seinem Requiem for Nature eine Bearbeitung seiner Buddha-Passion dirigierte, war er in diesem Jahr mit einer echten Erstaufführung in Amsterdam. Zum Abschluss der alljährlichen, bunt programmierten Sommerkonzerte im altehrwürdigen Concertgebouw stand sein neustes Werk Chorkonzert: Neun für Chor und großes Orchester auf dem Programm. Kombiniert wurde es mit Beethovens Neunter Symphonie, denn genau von diesem Meisterwerk hat sich Tan Dun für sein neues Werk inspirieren lassen.

Tan Dun
© Harrison Parrott

Tan Duns monumentales Chorkonzert ist dreisätzig. Die Titel der drei Teile – Nine, Wine und Time – sind im Chinesischen von ein und demselben Wort („Jiu”) abgleitet. „Diese drei Wörter sind auf so interessante Weise miteinander verbunden”, meint Dun. „Sie verbinden die Klänge der Natur, des Geistes und der Zeit (Ewigkeit).“

Neben einigen auch von Beethoven gebrauchten Texten von Friedrich Schiller benutzt Tan Dun Texte von drei chinesischen Dichtern und Denkern: Qu Yuan (340-278 v. Chr.), Laozi (6. Jahrhundert v. Chr.) und Li Po (701-762 n. Chr.). Bereits auf der Textebene entsteht so ein Dialog zwischen Europa und Asien, wobei der Chor aber größtenteils Nonsens-Worte singt. Dazu erklärt Tan Dun: „Tatsächlich besteht vieles von dem, was der Chor singt, aus leeren Worten. ,Leer’ bedeutet alles. Nichts existiert auf Dauer. Deshalb finde ich es sehr interessant, die ,Leere’ zu verwenden, um ,alles’ darzustellen.”

Das Stück beginnt mit Röhrenglocken und Flüsterstimmen. Der im Amsterdamer Saal zu beiden Seiten der Orgel aufgestellte groß besetzte World Youth Choir beeindruckte gleich zu Beginn mit fragilem Obertongesang. Dazu setzten die langsamen Schwingungen von Klangschalen den spannungsgeladenen Ton, bevor die Blechbläser durch rhythmisches Schlagen auf ihre Mundstücke die meditative Atmosphäre erst fortsetzten und später aufbrachen. Wie aus weiter Ferne zitierten die Streicher Beethovens hinunterfallendes aneinander anschließendes Anfangsmotiv. Was sich in der Folge entwickelte, war eine verwirrende Mischung von allem, was den engagierten Komponisten Tan Dun (seit letztem Jahr ist er Goodwill-Botschafter bei der UNESCO) berühmt gemacht hat. Als zitiere er sich in einem Fort selbst, erklang erst lyrisch überwältigende Filmmusik, großartig orchestriert für alle Mitwirkenden, dann immer wieder abgewechselt mit subtilen Avantgardepassagen und vielseitiger Einsatz von ungewöhnlichen Schlagzeuginstrumenten. Das Geräusch von aufeinander geschlagenen Steinen dominierte (ur)zeitlos ganze Passagen.

Im dritten Satz Time bekamen die Schlagzeuger eine dominierende Rolle mit fast militärisch marschierendem Trommeln und entlud sich die jugendliche Energie aller Musiker in einer optimistisch stimmenden Klangrauschorgie.

Tan Dun dirigierte seine eigene Partitur deutlich, elegant und mit ganzem Körpereinsatz. Oft sprang er rhythmisch und behände in die Höhe und das Orchester folgt ihm blind auf den Fuß. Mein vierzehnjähriger Sohn, der mich zum ersten Mal in ein Konzert begleitete, verglich Tan Dun, nachdem ich ihm dessen Doppelrolle als Komponist und Dirigent erklärt hatte, mit den von ihm bewunderten aktuell die Hitparaden dominierenden DJ‘s. Treffender kann man Tan Duns charismatisches, das Bundesjugendorchester aufwirbelnde Dirigat wohl nicht beschreiben.

Am 7. Mai 1824 wurde Beethovens Neunte Symphonie in Wien uraufgeführt, jenes bahnbrechende Werk, in welchem der Chor zum ersten Mal zu der traditionellen Besetzung einer Symphonie hinzugefügt wurde. Die Ode an die Freude aus dem Finalsatz ist seit 1972 unsere Europahymne und zwar in der Instrumentalfassung ohne offiziellen Text, um keine der in der EU gesprochenen Sprachen zu bevorzugen.

Seit 2020 liegt nun eine neue wissenschaftlich-kritische Edition dieser nun 200 Jahre alten Partitur im Rahmen der Beethoven-Gesamtausgabe vor. Diese Partitur enthält im Vergleich zu älteren Ausgaben hörbar andere Tönen, so zum Beispiel für das Kontrafagott, das nun mitspielt, wenn der Solo-Bariton im letzten Satz die Freudenmelodie anstimmt.

Tan Dun wirkte über weite Strecken wie der berühmte Zauberlehrling aus Goethes gleichnamiger Ballade. Die jungen Musiker des BSO folgten ihm erst willig in seinem durch schnelle Tempi geprägten Dirigat. Die Pauken knallten, die Bläser schallten und die Streicher beeindruckten durch sensible Dynamik. Aber im Eifer des immer hektischer geratenden Gefechts geriet nicht nur die klassische Ruhe, sondern vor allem das feine Geflecht der Mittelstimmen ins Hintertreffen. Dem hatten bis auf den Bass Johannes D. Schendel auch die Gesangssolisten nur noch wenig entgegenzusetzen.

Ver la programación
“eine optimistisch stimmende Klangrauschorgie”
Crítica hecha desde Concertgebouw: Main Hall, Ámsterdam el 31 agosto 2024
Dun, Choral Concerto “Nine”
Beethoven, Sinfonía núm. 9 en re menor "Coral", op. 125
Bundesjugendorchester Deutschland
World Youth Choir
Tan Dun, Dirección
Iris Hendrickx, Soprano
Jo-Pei Weng, Mezzosoprano
Xavier Moreno, Tenor
Johannes D. Schendel, Bajo
Bruckner's Ninth gets a stunning Finale with Simon Rattle and the German Youth Orchestra
Les tribulations de l'Orchestre de Chine à la Philharmonie
***11
Tan Duns exotisches Requiem for Nature beim Holland Festival
****1
Tan Dun's Buddha Passion fails to provide enlightenment
**111
L’Orchestre national de Lyon et Tan Dun dépassent les frontières
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Tan Dun conducts the Guangzhou Symphony Orchestra in Zurich
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