Die Kombination von Patricia Kopatchinskaja und der Camerata Salzburg unter ihrem Dirigenten Louis Langrée gab mir im Vorfeld Rätsel auf. Auf der einen Seite eine junge Geigerin, bekannt für ihre Wildheit und Ungebremstheit, auf der anderen Seite die Spezialisierung des Orchesters auf Mozart. Würden die beiden in Dialog treten und einen musikalischen Austausch eingehen können? Kann sich hier Harmonie einstellen? Meine Zweifel sollten an diesem Abend in eindrucksvoller Weise zerstreut werden.
Zuerst gab es die selten gespielte 34. Symphonie von Mozart. Das Orchester begann den ersten Satz sehr stürmisch, äußerst schnell. So kennt man die Camerata eigentlich nicht. Dadurch gingen die tänzerischen Anteile der Musik etwas verloren, außerdem fielen mir sehr unterschiedliche Dynamikverläufe auf. Einmal wurde ein Crescendo bedacht und dramatisch inszeniert, und im nächsten Moment eine eigentlich niedliche kleine Zwischenmelodie sehr beiläufig gespielt. Das änderte sich jedoch im zweiten Satz.
Hier fand das Orchester zu seinen originalen Stärken, zeigte dieses bewusste, kurze Innehalten vor Melodien oder Abschnitten. Dadurch entstand Spannung und die Frage: Was kommt wohl als nächstes? Es folgten bewusst erlebbare Phrasierungen, der letzte Satz war dann schön energiereich und kräftig gespielt, wenn auch sehr schnell. Brillieren konnten hier die Bläser; sie thronten warm und voll über dem Streicherteppich, die Töne ruhig und präzise gesetzt, und machten eine wichtige Rolle der Bläser bei Mozart deutlich und erfahrbar.
Es folgte der Auftritt der Solistin, der aktuellen Residenzkünstlerin der Elbphilharmonie Konzerte. Da stand sie nun, Patricia Kopatchinskaja, barfuß und mit einer klaren Aura der Entschlossenheit. Sie spielte die zerbrechlichen Töne am Anfang von Prokofjews Zweitem Violinkonzert seidig und leicht, und sie vermochte perfekt auch den Konzertraum zu nutzen und die Töne klar über das Publikum zu stellen. Kopatchinskaja bewegte sich auf der Bühne, ging Schritte auf das Orchester zu, stellte Kontakt her und spielte direkt zusammen mit den Musikern. Dann wendete sie sich dem Publikum zu, suchte Blickkontakte, um schließlich auch immer wieder auf den Dirigenten einzugehen. Das war lebendiges Musizieren frei von starren Normen.
Louis Langrée nahm sich nun stark zurück und überließ es weitgehend dem Orchester, in Interaktion mit der Solistin den Vortrag zu gestalten. Die schnellen Toncluster in der Mitte des ersten Satzes strich sie hart, fast kratzend an. An lauten Stellen lockte sie auf diese Weise manchmal fast kreischende, sägende Geräusche aus ihrem Instrument, das sie mit hypnotischem Blick fixierte. Spannend wurde es dann wieder gegen Ende des ersten Satzes, wo sie einige Pizzicati bemüht akzentuierte und dabei in stimmungsvollem Einklang mit dem Orchester fast etwas Opernatmosphäre erzeugte.