Das Konzert für Violine und Orchester h-Moll, Op.61 ist die letzte Komposition des britischen Komponisten Edward Elgar, welcher zur Uraufführung schlagartig höchste Popularität beschieden ward. In den deutschen Konzerthäusern hat seine Beliebtheit mittlerweile – auch der beträchtlichen Aufführungsdauer von etwa 50 Minuten geschuldet – etwas eingebüßt. Welche Seele laut der rätselhaften Widmung in der Komposition verborgen liegt, scheint heute nur noch am Rande zu interessieren. Dabei stellte Uraufführungs-Violinist Fritz Kreisler den Komponisten Elgar auf eine Stufe mit Beethoven und Brahms. Nur die herausragendsten Solist*innen vermögen es, die enormen, teils undankbaren technischen Ansprüche an die Violine, so zu meistern, dass sich der Geist des Werks gänzlich entfalten kann.
Mit Frank Peter Zimmermann stand einer der renommiertesten Violinisten als Solist mit den Wiener Philharmonikern auf der Bühne der Alten Oper Frankfurt. Er bewies sich als Künstler, der dank seiner technischen Versiertheit und seines ausgewiesenen Intellekts die Komposition gänzlich zu durchdringen wusste. Musikwissenschaftliche Diskurse nach Gattungsfragen und ob das Violinkonzert nun absolute Musik oder Programmmusik, gar eine Rhapsodie sei, traten schlagartig in den Hintergrund. Zimmermann verdeutlichte mit Virtuosität, dass das Publikum Elgars Werk in perfektionierter, leidenschaftlicher Ausführung lediglich zu fühlen braucht, um es zu begreifen. Dies wurde besonders im langsamen Satz, dem Andante, deutlich. Spielt ein Orchester diesen zu zart oder gar unbeteiligt, droht das Publikum in Monotonie zu ermüden.
Nicht so unter Daniel Hardings Leitung. Dank ihm pulsierten die mächtig besetzten Streichergruppen der Wiener Philharmoniker in bedingungsloser Hingabe mit massivem, dichten Klang. Mit spannungsvoller Intensität trugen sie den Solisten. Zimmermann ließ in seinem makellosen solistischen Spiel eine Devotion spürbar werden, wie sie auch Kreisler zur Uraufführung besessen haben muss. Sein unverwechselbarer Ton schob sich wiederholt unisono in den Klangteppich der Philharmoniker, nur um sich — das Streichertutti des Orchesters umkreisend — allmählich davon zu emanzipieren. Die vom Komponisten intendierte Wirkung des Konzerts entfaltete sich schlagartig. Harding und Zimmermann bestätigen mit dieser Aufführung Kreislers These, dass Elgars Violinkonzert — insofern derart meisterhaft musiziert — das großartigste seit Beethovens sein mag.