Die Oper mitten in die Stadt und unter die Menschen zu bringen lautet das Ziel der Reihe „OpernKurzgenuss“, die die Oper Graz als Kooperation mit der Kunstuniversität Graz zu Beginn dieser Saison ins Leben gerufen hat. Kurze, selten gespielte Opern sollen an ungewöhnlichen Orten Musiktheater erlebbar machen und gleichzeitig eine intensivere künstlerische Zusammenarbeit zwischen dem Opernhaus und den Studierenden der KUG ermöglichen. Insgesamt vier Werke werden in diesem Rahmen im Lauf der Saison 2016/17 zu sehen sein. Bevor es mit der Murinsel oder der Orangerie im Burggarten in Sachen Spielort wirklich außergewöhnlich wird, erfolgte der Auftakt noch verhältnismäßig traditionell auf der kleinen Studiobühne der Grazer Oper mit Ermanno Wolf-Ferraris Oper Susannas Geheimnis (Il segreto di Susanna), die er selbst als „Intermezzo in einem Akt“ betitelte.
Wolf-Ferrari, der als Sohn eines Deutschen und einer Italienerin 1876 geboren wurde, machte sich, neben kurzen Ausreißern in das veristische Fach, die Wiederbelebung der Opera buffa zur Aufgabe. Der 1909 uraufgeführte Einakter Susannas Geheimnis war dabei einer seiner größten Erfolge. Erzählt wird die an sich recht simple Geschichte des Gil, der seiner frisch angetrauten Susanna misstraut und sich von ihr betrogen wähnt, nachdem er an ihr Zigarettengeruch bemerkt. Nach einigen Irrungen und Wirrungen löst sich jedoch das Missverständnis in Schall und Rauch auf, da Gil feststellen muss, dass Susannas heimliches Laster kein Liebhaber, sondern eine Packung Zigaretten ist, woraufhin er sich entschließt, ihr zuliebe eben auch mit dem Rauchen anzufangen.
Eigentlich im Piemont zu Beginn des 20. Jahrhunderts angesiedelt verlegte die Regisseurin Juana Ines Cano Restrepo die Handlung in das Hier und Jetzt und bezog auch den Zuschauerbereich der Studiobühne geschickt in die Oper mit ein: Der gesamte Raum wurde zu einer Nichtraucherbar, die Susanna und Gil gemeinsam betreiben, wobei der Tresen auf der eigentlichen Bühne das Zentrum des Geschehens bildete. Der stummen Rolle des Sante, den Alexander Gössl herrlich nonchalant verkörperte, stellte Restrepo mit der ausdrucksstarken Tänzerin Challyce Brogdon als personifizierte Zigarette noch eine weitere schweigende Beteiligte zur Seite. Durch präzise Personenregie und viel Situationskomik – etwa wenn Susanna eine komplette Schutzmontur inklusive Badehaube und Schuhschonern anzieht, bevor sie heimlich zum Rauchen in eine Kammer verschwindet – wurden die Figuren zu Menschen aus Fleisch und Blut, mit deren Geschichte das gesamte Publikum sichtlich mitfieberte.