Bereits bevor die eigentliche Vorstellung beginnt, stimmt einen die Schneeflocken-Projektion auf dem Vorhang schon auf einen weihnachtlichen Abend ein. Und genauso winter-weihnachtlich geht es weiter, als sich dieser dann hebt. Man befindet sich inmitten eines modernen, großen Wohnzimmers mit hohen Fenstern und großem Christbaum. Das Bühnenbild von Court Watson ist eine interessante Mischung aus bunter Weihnachtswelt und klaren Linien; ebenso detailreich die Kostüme von Katja Schindowski. Die Ausstattung ist farbig, glitzernd und voller kleiner Überraschungen, die manchmal erst auf den zweiten Blick ersichtlich werden. Man wird ab der ersten Minute in eine wunderbare Weihnachtswelt entführt.
Für Ballettchef Peter Breuer ist die Nussknacker-Inszenierung kein Neuland, dennoch scheint er sich auch hier wieder neu erfunden zu haben. Seine Choreographie ist eine rasante Mischung aus neuen und alten Bewegungselementen, die fließend ineinander über gehen, und besonders die modernen Choreographie-Elemente sorgen mitunter für den ein oder anderen Lacher. Auf dieser Bühne jagt eine Überraschung die nächste, die Produktion bleibt jedoch sehr nahe am Original.
In der Besetzung fällt besonders Anna Yanchuk als Klara auf. Sie spielt sie herrlich unbefangen und liebenswert, und man lässt sich von ihr vorbehaltlos mit in ihre Traumwelt nehmen. Ihre Mimik setzt sie gekonnt ein, gibt das kleine naive Mädchen mit weit aufgerissenen Augen und ist im nächsten Moment ein kleiner Teufel, wenn sie ihren Bruder durch das Wohnzimmer jagt. Am Anfang noch mit weniger Einsätzen bedacht, ertanzt sie sich zunächst mit graziler Natürlichkeit in Pirouetten und Fouettés alle Aufmerksamkeit und spätestens im Tanz der Zuckerfee, der einen das junge Mädchen Klara beinahe vergessen lässt, auch die Herzen des Publikums.
Ganz besonders ist auch die Darstellung von Klaras Onkel Drosselmeier. Josef Vesely gibt einen wirklich magischen Onkel, verpackt in ein Rockstar-Outfit mit Schlangenprint, Nieten und Zylinder. Immer einen Zaubertrick auf Lager überzeugt er tänzerisch wie darstellerisch und führt, hebt und dreht Klara durch die traumgleiche Welt. Mal wirkt er mystisch, mehr Magier als Tänzer, dann wieder verleiht er seinem Ausdruck in seinen Bewegungen, vor allem jedoch mit unvergleichlich komischer Mimik eine gewisse Portion Humor, und wechselt nahtlos zwischen klassischem Tanz und begeisternder Showeinlage. Sein Geschenk an Klara ist der in einen Nussknacker verzauberte Prinz, dargestellt von Amerikaner Patric Palkens. Die Kostümierung mit Trainingsjacke, in der er gegen den Mäusekönig kämpft, ist zunächst irritierend, doch schon wenig später erscheint er dann im traditionellen, wenngleich schlichten Nussknacker-Gewand. Es sind auch die traditionellen Teile der Choreographie, in denen er als Prinz mit großer Leichtigkeit und Sprungkraft auf sich aufmerksam macht.