Nicht nur geographisch liegen Coburg und Bayreuth dicht beieinander. Richard Wagner besuchte vor seinem ersten Bayreuther Ring-Zyklus Coburg, um sich in den dortigen Werkstätten der Brüder Brückner über die Herstellung seiner Bühnenausstattung zu informieren. In Coburg selbst kam es erst ab 1907 zu Ring-Aufführungen, da die räumliche Enge eines Stadttheaters mit 550 Zuschauerplätzen, insbesondere im Orchestergraben, keine Realisierung erlaubten. Speziell für dieses Haus erstellte der Meininger Geiger Alfons Abbass eine reduzierte Coburger Orchester-Fassung, die vom späteren GMD Lessing um Wagnertuben und Basstrompeten bereichert wurde. Bei Wagners Rheingold, vom Landestheater Coburg nun stolz als ersten Baustein zum kompletten Ring ins Programm genommen, saßen 57 Musiker im Orchestergraben.
Roland Kluttig, langjähriger GMD in Coburg und ab der kommenden Spielzeit neuer musikalischer Leiter am Grazer Opernhaus, hatte sein Orchester bestens präpariert. Brachten sie anfangs das urgründige Es-Dur-Murmeln noch zu schnell in anschwellende Wallung, bereiteten die Musiker im Verlauf immer gelassener und effektvoller den musikalischen Teppich für die Sänger, konnten auch in den solistischen Abschnitten, beispielsweise bei Hörnern und Posaunen oder der Violoncello-Gruppe, glanzvolle Akzente setzen. Durch die reduzierte Größe wirkten manche Stellen ungewohnt aufgeraut, dafür konnten die Sänger musikalisch ohne Forcieren und textdeutlich ihre Rollen gestalten.
Alexander Müller-Elmau, Spross einer bekannten Schauspieler-Dynastie und in Coburg bereits mit seiner letztjährigen Carmen-Einrichtung erfolgreich, hat für Inszenierung und Bühnenbild ein eher konventionelles Konzept im Gepäck. Da huschen keine wackligen Videos über Vorhänge, wird kein modernes Hotel zum Quartier der Götterfamilie. Auf in die Tiefe geöffneter Bühne sind nur wenige symbolhafte Objekte platziert: Welt- und Sonnenscheibe, ein Stumpf der Weltesche, Farbtupfer von wenigen Blumen im sonst dunkel ausgekleideten Bühnenrund. Ein ausladender Tisch wird zum Konferenzort zwischen Göttern und Riesen, kann gleichzeitig auch Bett, Hebebühne und Aufzug in unsichtbares Untergeschoss sein. Das lässt viel Raum für Fantasie der Zuschauer, betont mehr das Spielerische und Mythische einer Urzeit von Nibelungen- oder Edda-Göttern. Voller Glanz dagegen das hell angestrahlte Gold der Rheintöchter, das, anfangs in natürlicher Gehirngestalt und -größe, durch die Nibelungenfron zum beherrschenden Zentrum anwächst und im Schlussbild Freia (fast) völlig in sich aufnehmen kann.
Fantasiereich und keiner Zeit zugeordnet sind Julia Kaschlinskis Kostüme: verführerisch in halb-transparentem flossenförmigem Glitzerplissee die Rheintöchter, aus vielen Pelzteilen zusammengesetzte voluminöse Jägeranzüge für die Riesen, Wotan in edlem archaisch-grauem Pelzmantel, schrill-modische Anzüge und High-Heels für Donner und Froh, elegant-glänzende Abendgarderobe für Fricka. Straßenkleidung tragen einige Statisten, die als Besucher auf der Bühne dauernd präsent sind und wie in einer weiteren Ebene einen Bezug zum zeitlichen Heute bilden sollen. Von der Regie eher vernachlässigt sitzen oder stehen sie gelangweilt herum, lesen oder spielen mit ihrem Kopfhörer. Dass Erda sich plötzlich aus dieser Zuhörergruppe herausschält, vermittelt keinen schlüssigen Bezug.