Wenn sich im Repertoire eines großen Hauses wie der Staatsoper in einer großen Stadt wie Berlin Mozarts Zauberflöte 25 Jahre lang hält, dann ist dies schon bevor der Vorhang aufgezogen wird, das größte Kompliment, das den Verantwortlichen gemacht werden kann. August Everdings Inszenierung der wohl meist gespielten Oper des Abendlandes darf als Musterbeispiel einer Inszenierung gelten, die sich den Versuchungen jener Pseudoaktualisierung zu entziehen weiß, durch die heute fast jede Operninszenierung angekränkelt erscheint. Das Rezept für das Gelingen einer solchen Unternehmung haben Mozart und Schikaneder letztlich selbst vorgegeben, indem sie Ihrem Publikum ein so unterhaltendes wie tiefsinniges und hochgebildetes Werk geschenkt haben.
Fred Berndt rekonstruiert nicht allein das Karl Friedrich Schinkels Bühnenbild mit der berühmten Sternenkuppel, vor der die Königin der Nacht auf einer Mondsichel herniederschwebt, sondern folgt sehr genau dessen Überlegungen zur Lichtführung. Ganz eigen sind allerdings Berndts Farbgebungen: So tönt er die Tag- und Morgenwelt in ein leuchtendes Gelb-Orange, die Nacht dagegen in schwarz- und tiefblaue Töne. Und weil die Oper von der Dreizahl beherrscht ist, bilden Dorothee Uhrmachers Kostümbilder dann die Quinte im Durdreiklang dieser Inszenierung.
Zu Recht schenkt die Regie den möglicherweise sogar ironisch gemeinten Frauenfeindlichkeiten im Libretto keinen Raum, sondern richtet die Aufmerksamkeit allein auf den Zentralsatz des Werkes: „Mann und Weib und Weib und Mann, reichen an die Gottheit an“ und machten ihn zur eigentlichen Botschaft der Zauberflöte; denn dieses Ideal zu verwirklichen ist Sinn und Ziel aller Prüfungen. So konnte das Duett zwischen Tamino „Tamino mein! O welch ein Glück! … Pamina mein! O welch ein Glück!“ wirklich erlebbar zum Höhepunkt dieser Aufführung werden. Peter Sonn und Evelin Novak fanden hier stimmlich zusammen, während sie sonst auf sehr feinsinnige Weise die Unterschiede der beiden Rollen zunächst hervorkehrten, um ihr Zusammenfinden sinnlich erfahrbar zu machen.
Der Gegenpol zum Ideal der himmlischer Liebe bildet die Realität der irdischen Liebe, die sich in der Hanswurstkomödie um Papageno ausdrückt, an deren Ende der Kasperl seine Papagena heiratet.