Der Themenschwerpunkt im Oktober befasst sich mit der Welt der internationalen Wettbewerbe, betrachtet durch die Augen einiger Finalisten der größten Wettbewerbe weltweit. Wir setzen unsere Serie von Wettbewerbstipps mit Seong-Jin Cho fort, Gewinner des Internationalen Chopin-Klavierwettbewerbs 2015, des Internationalen Chopin-Wettbewerbs für Junge Pianisten 2008, Gewinner des 3. Preises beim Tschaikowsky-Wettbewerb 2011 und des 3. Preises beim Arthur Rubinstein-Wettbewerb 2014.
Hat die Teilnahme an Wettbewerben Ihrer Karriere Vorschub geleistet? Wie?
Aber ja, das hat riesig geholfen. Obwohl ich viele Recitals und Konzerte mit berühmten Orchestern gespielt habe, bevor ich 2015 Preisträger des Chopin-Wettbewerbs wurde, ist die Zahl der großartigen Angebote für Konzerte, Recitals und viele bekannte Musikfestivals danach dramatisch gestiegen – ich habe etwa vier Mal so viele Angebote bekommen, von 20 davor ging es zu 80 pro Jahr. Besonders ist, dass ich nach dem Wettbewerb einen Aufnahmevertrag mit der Deutschen Grammophon erhalten habe; das ist wirklich phantastisch.
Welches ist der richtige Zeitpunkt, um an einem Wettbewerb teilzunehmen? Was gilt es bei der Entscheidung für die Wettbewerbe zu beachten, an denen man teilnimmt?
Das ist wirklich schwer zu beantworten. Ich könnte nicht sagen, wann genau die Zeit gekommen ist, oder wie man den perfekten Zeitpunkt findet. Aber ich will sagen, dass diese Entscheidung nicht an einem Tag getroffen werden kann. Meiner Erfahrung nach sollten die eigenen Erfahrungen, das Verständnis und die Leidenschaft für die Musik großer Komponisten sowie die eigene technische Leistung in verschiedenstem Repertoire von Klein auf miteinbezogen werden, wenn man den richtigen Wettbewerb finden will. Für mich waren alle Stücke, die ich von den ersten bis zur letzten Runde im Chopin-Wettbewerb gespielt habe, solche, die ich schon seit meiner Kindheit spiele, keine, die ich neu erarbeitet habe.
Was sind die Zutaten für ein gutes Programm?
Nicht nur für Wettbewerbe, sondern auch für Klavierabende sollte ein Programm Geschichten mit starken Botschaften besitzen, die die Herzen der Hörer bewegen können. Die Botschaften sollten aus der eigenen Erfahrung stammen, der eigenen Interpretation und Leidenschaft für diese Musik.
Sind Wettbewerbe eine gute Sache? Haben Sie manchmal mit Nervosität zu kämpfen? Wie gehen Sie mit der Aufregung um?
Nein, ich kann nicht sagen, dass es eine gute Sache ist. Die Leute sagen, dass ich sehr ruhig und mutig bin, wenn ich auf einer Bühne spiele. Doch jede Runde, die ich beim Wettbewerb gespielt habe, war absolut nervenaufreibend. Man konnte sogar meine Hände und Beine zittern sehen, als ich in der ersten Runde meine Nocturne anfing. Ich wollte mich nur auf meine eigene Musik und meine eigene Interpretation konzentrieren. Ich versuche es zu vermeiden, anderen Wettbewerbsteilnehmern zuzuhören. Ich will einfach meine Konzentration nicht verlieren.
Haben Sie Wettbewerbsalpträume gehabt?
Definitiv. Das Problem ist, an einem schlechten Tag habe ich diese Alpträume immer noch. Einer davon ist eine plötzliche Nachricht, dass das Repertoire geändert wurde, nur ein oder zwei Tage vor dem Wettbewerbstag. Im Traum ist es mir so peinlich und ich habe keine Ahnung, wie ich mir diese Stücke in einem Tag einprägen soll.
Aus dem Englischen übertragen von Hedy Mühleck.