„Für mich ist Musik immer eine Sprache und Gesang ein Mittel, etwas zu sagen!“, so bringt die Sopranistin Pia Davila die Passion für ihren Beruf im Interview auf den Punkt. Wie viele Facetten der musikalischen Sprache die junge Sängerin beherrscht, zeigt ihr breit gefächertes Repertoire, das vom Barock bis zum 21. Jahrhundert reicht.
Die Liebe zur Musik ist früh erwacht. „Meine Eltern sind musikalisch absolut bewandert – mein Vater sang, meine Mutter spielte Klavier und es wurde eigentlich jeden Tag zuhause Musik gemacht. Auch alle meine Schwestern haben ein Instrument gelernt, das wurde in der Familie gepflegt.“ Dass sie Sängerin werden würde, war dabei aber keineswegs von Anfang an klar, denn zunächst studierte Davila als Jungstudentin in ihrer Heimatstadt Berlin klassische Gitarre, wollte nach dem Abitur aber nicht Gitarre studieren, weil die Jobaussichten da sehr mager sind. „Es gibt zwar eine Gitarrencommunity, die ganz wunderbar ist, aber man ist bei großen Produktionen nicht dabei und das Repertoire ist anders“, erzählt sie. Der Musik wollte sie aber dennoch treu bleiben und so entschied sich Davila schließlich für ein Gesangsstudium in Hamburg. „Ich habe einfach sehr gerne gesungen und dann hat sich das so ergeben, dass ich mit dem Gesangsstudium begonnen habe. Darüber, was es heißt, den Gesang zum Beruf zu machen, habe ich zuerst gar nicht wirklich nachgedacht.“ Dass das Hobby schnell zum erfolgreichen Beruf werden würde, zeichnete sich während des Studiums schon bald ab; ein Projekt folgte auf das nächste, sie gewann Preise bei Wettbewerben und wurde von Stiftungen mit Stipendien unterstützt. Selbst falle es ihr schwer, den Klang ihrer Stimme zu beschreiben, allerdings habe sie ganz klare Vorstellungen davon, was ihr beim Singen besonders wichtig ist: „Textverständlichkeit liegt mir am Herzen und dass harmonische Verläufe erkennbar sind; das verlangt eine Klarheit in der Stimmführung. Aber auch die Wandelbarkeit, die Nahbarkeit und die Emotion sind mir wichtig.“
Die Karriere von Pia Davila verläuft abseits der ausgetretenen Pfade des Opern- bzw. Konzertrepertoires, oder wie sie selbst es ausdrückt, an den „kleinen Bühnen der großen Häuser“, die weniger auf das klassische Programm setzen, sondern Raum für besondere Produktionen bieten. Eine solches Projekt war etwa Ring & Wrestling an der opera stabile der Hamburger Staatsoper; diese Operanovela verbindet die Wagnersch’sche Hochkultur mit der Subkultur des Wrestling. Davilas Brünnhilde sorgte in diesem Format bei Publikum und Kritik gleichermaßen für Begeisterung, so schrieb etwa Klassik begeistert: „[Sie] gab als Brünnhilde alles. Hing mit ausgebreiteten Armen am Ring-Pfosten und schmetterte das hohe C. Um sie herum Rock’n‘Roll. Herrlich.“ Auch in Uraufführungen wie Ein Geschäft mit Träumen der Komponistin Alexandra Filonenko an der Deutschen Oper Berlin und etablierten Werken der neuen Musik, etwa Aus Licht von Karlheinz Stockhausen an der National Opera Amsterdam, fühlt sie sich zuhause. Eine enge Beziehung zur neuen Musik habe sie „erstens weil es mir Spaß macht und zweitens weil ich das selbstverständlich finde, dass man sich als Musiker von heute auch mit der Musik von heute auseinandersetzt.“
In nur eine Schublade lässt sie sich aber keineswegs stecken und so finden sich in Davilas Repertoire auch Klassiker wie Wagners Blumenmädchen, Mozarts Barbarina oder Purcells Fairy Queen. Regelmäßige Abstecher führen die Sopranistin darüber hinaus auch in die Welt der geistlichen Musik, in Form von Oratorien und Gottesdiensten. Als Kosmopolitin liebt Pia Davila auch den Klang anderer Kulturen und Traditionen, im Rahmen des von ihr initiierten interkulturellen Projektes AMALGAM treffen etwa westliche und arabische Musik aufeinander; aktuell arbeitet sie daran, Werke der mexikanischen Klassik kennenzulernen bzw. neu zu entdecken – eine Klangwelt, die sie als „rhythmisch, spritzig und vielseitig“ bezeichnet.
Eine echte Herzensangelegenheit ist für Davila das Lied, dem sie sich nicht nur bei Liederabenden widmet, sondern das sie auch in den Mittelpunkt eines ambitionierten Projektes gestellt hat, das kürzlich im Rahmen von #LIEDINNOVATION 2021 des Rhonefestivals für Liedkunst ausgezeichnet wurde. Unter dem Titel Liedmovie entstanden just während der Corona-Zeit, in der die Kultur-Branche weitgehend zum Stillstand kam, vier Gesamtkunstwerke in Form einer audiovisuellen Installation. Unterstützt wurde das Projekt vom "Was zählt!"-Fonds für Kunst- und Kulturschaffende der Claussen-Simon-Stiftung, der für ehemalige Geförderte des Programms stART.up verfügbar war. „Die Grundidee ist schon vor ein paar Jahren entstanden. Das Lied ist eine so komprimierte Kunstform, dass man beim ersten Hören gar nicht alles erfassen kann und die Schönheit gar nicht erkennt, weil sie im Detail liegt. Und dann habe ich gedacht, vielleicht kann man das visuell zeigen und so die Leute mehr mitnehmen. Ich bin aber selbst keine Regisseurin, deswegen ruhte das Projekt. Dann kam Corona und Luise Kautz, die eine wunderbare Regisseurin ist, hatte Zeit.“