Der Münchner nennt seine Stadt gerne liebevoll die nördlichste Stadt Italiens. Am vergangenen Wochenende verwandelte sich aber die Landeshauptstadt in die nordöstlichste Stadt Spaniens – zumindest für einen Abend: Zur Eröffnung des Open Air-Wochenendes „Klassik am Odeonsplatz“ luden Symphonieorchester und Chor des Bayerischen Rundfunks unter der Leitung von Pablo Heras-Casado , Violinistin Julia Fischer und Moderator Roger Willemsen zu einem Kurztrip nach Spanien ein.
Das Programm dieses musikalischen Kurzurlaubs umfasste die vielfältigsten Aspekte der spanischen Musik, die von populärer Zarzuela bis ernsthaftem Impressionismus reichten. So lieferte Manuel de Fallas Zweite Suite zu seinem Ballett Der Dreispitz sowie das Vorspiel zum zweiten Bild des letzten Aktes zu La Vida Breve die feurigen volksmusikalischen Momente, die auch Ravel in Alborada del gracioso plakativ in Szene setzte, während Claude Debussys Iberia komplexere, eindrückliche Beschreibungen Spanischer Nächte darstellt. Prokofjews Zweites Violinkonzert bildete den virtuosen Höhepunkt, wenngleich das Konzert trotz vieler Versuche, einen Bezug zu Spanien herzustellen, sich ins restliche Programm nicht so recht einpassen wollte.
Während Heras-Casado bei de Fallas leichterer Literatur vollkommen auf die kantigen Rhythmen und spanischen Melodien setzt, die der Chor des Bayerischen Rundfunks mit großer Homogenität und Klangfülle, selbst in den hohen Lagen, begleitete, meisterte der Dirigent in Ravels Alborada del gracioso , das der Franzose eigentlich für den Klavierzyklus Miroirs komponiert hatte, die Kombination von volksmusikalischen Elementen mit impressionistischen Klangbildern. Noch differenzierter muss dies das Orchester in Debussys Suite Iberia bewerkstelligen.
Manuel de Falla sagte über dieses Werk seines Freundes, der die Musik Spaniens nur durch Erzählungen kennenlernte, dass es trotz allem die Essenz der Musik seines Heimatlandes darstelle. Die drei Sätze entstanden zwischen 1905 und 1908 und stellen das spanische Leben auf Straßen und Wegen, wie auch die Bezeichnung des ersten Satz verdeutlicht, dar, gefolgt von einer Beschreibung der Düfte der Nacht im zweiten und einem Festtagsmorgen im Schlusssatz an. Den Beginn gestaltete Heras-Casado kraftvoll, wobei sich die vielen Bläsersoli scheinbar nebenbei und nur ganz leicht vom Orchesterklang abhoben. So entstand der Eindruck als würde der Zuhörer tatsächlich durch spanische Straßen wandeln und Melodien wie zufällig hören. Mit großer Präzision arbeitete der Dirigent dabei den charakteristischen Sevilliana-Rhythmus heraus.