Als ausgelassene Feier war es angelegt, das letzte Konzert der Saison 2014/15, in dem auf die Intendanz Elisabeth Sobotkas zurückgeblickt werden sollte. Überschattet wurde der Abend allerdings von den tragischen Ereignissen in der Grazer Innenstadt am Vortag. Bernhard Rinner, interimistischer Intendant der Oper Graz, informierte das Publikum in einer kurzen Ansprache darüber, dass natürlich im Raum gestanden sei, die Gala abzusagen, dass aber schließlich die Entscheidung gefällt worden sei, trotzdem zu spielen – wider die Gewalt, vor der man nicht kapitulieren wolle und als starkes Zeichen für das Leben. Eine Schweigeminute und Didos Klage „When I Am Laid in Earth“ wurden in Gedenken an die Opfer der Amokfahrt den Feierlichkeiten vorangestellt.
Der Rückblick auf die vergangenen sechs Spielzeiten vereinte dann nicht nur praktisch das gesamte Ensemble sowie Gastsolisten, das Orchester, den Chor, Extrachor und den Kinderchor, sondern auch den ehemaligen und den amtierenden Chefdirigenten. Dirk Kaftan und Johannes Fritzsch, der dem Grazer Philharmonischen Orchester bis 2013 vorstand, wechselten sich den Abend über am Pult immer wieder ab und sorgten für ein hohes musikalisches Niveau. Als Moderator führte Christoph Wagner-Trenkwitz launig durch das bunt gemischte Programm.
Der erste Teil des Konzerts war dabei der großen Oper gewidmet. Zu hören gab es Highlights aus Produktionen der letzten Jahre, etwa Margareta Klobučar mit bombensicheren Koloraturen bei „È gelosia“ aus Händels Xerxes, den italienischen Gastsolisten Antonio Poli, der „Una furtiva lagrima“ zwar gefühlvoll, aber gänzlich ohne aufgesetztes Schmachten sang, sowie die beiden ehemaligen Opernstudiomitglieder Sieglinde Feldhofer und Xiaoyi Xu, die ein besinnliches „Abends will ich schlafen gehen“ aus Hänsel und Gretel beisteuerten.
Das gesangliche Highlight des ersten Teils der Gala war allerdings ein blinder Passagier: Bellinis Norma wurde in den letzten Jahren nicht gespielt, da Elisabeth Sobotka jedoch die Opern des Belcanto besonders liebt, sangen Gal James und Dshamilja Kaiser das Duett „Mira, o Norma“. In Anbetracht der perfekt harmonierenden, sich im Timbre gerade richtig voneinander abhebenden Stimmen und der wunderschönen Phrasierung beider kann man nur hoffen, dass Norma bald (und bitte in dieser Besetzung!) auf dem Grazer Spielplan stehen wird.