Auf dem Programm der Tonhalle stand an diesem Tag ein weiterer Mozart-Abend mit Sir Roger Norrington am Dirigentenpult des Zürcher Kammerorchesters, und wiederum begann der Abend mit einer sehr frühen Sinfonie — diesmal die Nr. 5 in B-Dur, KV 22, geschrieben im Alter von 9 Jahren.
Es ist ein knappes Jugendwerk, in welchem die klassischen Formen nur angedeutet werden, auch Melodien sind noch wenig ausgeprägt. Mozart arbeitet mit Motiven und Versatzstücken, denen er in Werken populärer Zeitgenossen begegnet ist. So kann er es nicht unterlassen, schon nach wenigen Takten ein sogenanntes Mannheimer Crescendo zu verwenden. Anderseits stellt die Sinfonie in den schnellen Sätzen durchaus schon hohe Ansprüche an die Virtuosität des Orchesters.
Norrington schlug in den Ecksätzen ein rasches Tempo an (vom Orchester problemlos gemeistert), beschränkte sich aber auf ein sehr sparsames Dirigat, die Koordination ganz dem Konzertmeister Willi Zimmermann überlassend. Der Fokus in seiner Interpretation lag auf klaren Kontrasten und durchsichtigem Spiel, bei gleichzeitig weichem Klang, in welchem die Streicher die Oboen und Hörner nicht überdeckten. Das Zürcher Kammerorchester ist ein idealer Klangkörper für Mozart-Sinfonien, und mein einziger Kritikpunkt an seiner Interpretation ist, dass das Werk in seinen Dimensionen und der Besetzung eher eine Kammersinfonie ist und deshalb in diesem Saal etwas verloren wirkte.
Es folgte mit Mozarts fünftem und letztem Violinkonzert in A-Dur ein vielleicht allzu bekanntes Werk. Man durfte gespannt sein, ob und wie sich die Solistin Arabella Steinbacher auf Norringtons Anforderungen an historisch „korrektes“ Spiel (vor allem mit sehr eingeschränktem Vibrato) einlassen würde. Die Orchester-Einleitung (Allegro aperto) war wieder sehr zügig gespielt, was zuversichtlich stimmte. Mozart führt das Soloinstrument nach einer Fermate in einem Adagio ein, für einen Augenblick ganz auf sich alleine gestellt.
Es ist ein schwieriger Moment, weil der Solist beziehungsweise die Solistin sich unmittelbar auf die akustischen Verhältnisse einstellen muss. Arabella Steinbacher begann erst (mutig, da für sie ungewohnt) ohne Vibrato, wechselte dann jedoch erst in ein langsames, eher schweres Vibrato, um danach zu ihrem persönlichen Stil zurückzufinden. Selbst wenn Norrington es wahrscheinlich anders bevorzugt hätte, war das sicher die überzeugendste Lösung. Die Solistin spielte intonationssicher, weich in Ton und Artikulation. Wie die meisten Geiger konnte sie sich der Schönheit der Kadenzen von Joseph Joachim nicht entziehen - sie passen auch ausgezeichnet zu Mozarts Konzert.