Schon beim Studium des Saisonprogramms drängte sich ein Gedanke beinahe auf: zweimal Strauss innerhalb von 3 Tagen? Don Quixote mit dem Tonhalle-Orchester, und kurz darauf die gleiche Komposition nochmals, diesmal im Doppelpack, gefolgt von Ein Heldenleben aus der gleichen Schaffensperiode, in einem reinen Strauss-Programm. Wer andererseits einer Überdosis Strauss nicht ablehnend gegenüberstand, dem bot sich die einmalige Gelegenheit, ein Werk zuerst mit den „Lokalmatadoren” zu genießen, und danach in derselben Akustik das gleiche mit Gautier Capuçon, Philippe Jordan und den Wiener Symphonikern, organisiert von Migros Kulturprozent Classics. Dieses Experiment hat sich in der Tat gelohnt, handelte es sich doch um die seltene Möglichkeit des Direktvergleichs zweier Orchesterkulturen. Allerdings war die Konfrontation etwas unfair, kann doch der scheidende Tonhalle-Chefdirigent dem gebürtigen Zürcher Jordan (der sich nach einem kometenhaften Aufstieg im Dirigenten-Olymp etabliert hat) bei weitem nicht das Wasser reichen und hat deshalb auch das Orchester unter seinem Wert "verkauft". Auf qualitative Vergleiche soll hier deshalb verzichtet werden. Hingegen lohnt ein Blick auf die Unterschiede in Klang und Interpretationsansatz.
Nach zwei Tagen schon wieder eine Großformation in der Tonhalle Maag und wie anders es diesmal tönte. Bereits mit den ersten Takten relativierten die Wiener den Eindruck von trockener, analytischer Akustik, mit welchem man diesen Saal assoziiert. Sicher, Nachhall ist (außer elektronisch erzeugter Raumakustik) keiner da, aber der oft beobachtete Spaltklang ist ganz offensichtlich nicht ein Produkt des Saals, sondern (zumindest auch) eine Frage der Klangkultur, der Artikulation, und der dynamischen Balance. Die Wiener Symphoniker nutzten eine antiphonale Aufstellung, mit den Kontrabässen rechts hinter den zweiten Geigen, die Celli rechts von der Mitte. Bemerkenswert der ausgesprochen weiche, seidene Ton der Streicher, der das Orchesterkolorit entscheidend prägte, zu einem gewissen Grad auch dominierte. Die Bläser traten weniger als separate Gruppe in Erscheinung, sondern färbten mischend den Gesamtklang. Das allein war schon bemerkenswert; darüber hinaus jedoch verstand es Philippe Jordan meisterhaft, die Dynamik zu kontrollieren. Auch bei vollem Volumen tönte das Orchester nie lärmig, die Akustik wurde nie überladen und wie er es schaffte den Solisten bis ins feinste ppp (und darunter) Raum zu geben, grenzte an ein Wunder. Und die Solisten! Auch da ein ganz anderer Ansatz, ohne Karikatur: Humor, Ironie wirkten durch die Musik, nie durch Mimik, Gestik, oder Übertreibung.