Das Thomasschuljahr beginnt offiziell am ersten Sonntag nach Trinitatis. Schüler gehen und werden Alumni, neue Knabensoprane treten ins Leipziger Internat ein und werden Ersties – ein fliegender Wechsel, der die ohnehin diffizile Chorarbeit von wöchentlich frischen Stücken zur Einstudierung ins Unvorstellbare erschwert. Für den Jahrgang 1724, seinem zweiten, nahm sich Bach vor, neue Choralkantaten aufzuführen. Nach Ostern 1725 beendete er diesen Plan, so dass zum Beispiel eine Choralkantate für den Jahrgangsabschluss fehlt. Trinitatis eben, der Dreifaltigkeitssonntag, dem ich in dieser Reihe bisher noch keinen Artikel gewidmet habe. Was Bach am 8. Juni 1727 mit der Kantate Gelobet sei der Herr, mein Gott, BWV129, nachholte, tue ich hiermit also gewissermaßen auch.

Weil sich der Text Johann Olearius' lesungsungebunden auf die allgemeine Gottespreisung mit abschließendem Sanctus kapriziert, wird teilweise vermutet, Bach habe ihn bereits zum Reformationsgottesdienst am 31. Oktober 1726 verwendet. Der vorliegende Druck weist aber allein den Anlass zu Trinitatis 1727 aus. Dabei wundert es sicherlich niemanden mehr, dass Bach dafür die Zahl 3 in seiner musikalischen Ausfertigung besonders berücksichtigte. Zunächst behielt der Thomaskantor Olearius' Vorlage bei und benutzte allein dessen Verse, so dass Rezitative fehlen. Die Chöre umschließen drei Arien – für Gott, den Vater, für Jesus, seinen Sohn, und für den heiligen Geist –, von denen genau die Dritte wiederum im Dreiertakt gehalten ist. Zentral steht allerdings die mit Jesus dem Menschen nächste Arie, die von drei Protagonisten – Stimme und zwei Konzertobligati – getragen wird.

Festtagsobligatorisch schreibt Bach die Kantate für volles Orchester, sprich drei Trompeten, Pauken, Oboen, Oboe d'amore, Traversflöte, Streicher und Generalbass. Während Blech und Schlagwerk im titelgebenden Chor typisch feierliche Einwürfe und Enden in einem freudigen Concerto für Streicher, Holz und Vokalisten (mit Cantus firmus der Ahasverus-Fritsch-Choralmelodie im Sopran) beisteuern, jubeln sie zusammen im Schlusschoral „Dem wir das Heilig jetzt“. Dort erinnert alles an Bachs spätere teilweise oder annähernde „Wiederverwertung“ im Finale (Teil VI) des Weihnachtsoratoriums.

Die Gottesarie ist selbstverständlich dem Bass zugewiesen. Da jeder Vers mit „Gelobet sei der Herr“ beginnt, musste Bach bei aller hymnischen Voraussetzung für Abwechslung sorgen. Daher begleitet die Singstimme lediglich der Instrumentalbass in größtmöglicher Kontrastierung zum vorherigen Chortutti. Die Jesusarie übernimmt – zunächst etwas überraschend – der Sopran, doch weicht dem Fragezeichen der Stimmlage die Nachvollziehbarkeit. Denn der Text stellt übersetzt für Christus auf „Gottes Trost“ ab, den Bach recht traditionell den lieblichen Obertönen von Violine, Flöte und – marienbetrachtend – damit Sopran vorbehält. Dritte, tänzerische Arie ist für Alt mit instrumentalduettierender Oboe d'amore besetzt, mit der Bach die Möglichkeiten folglich sinnig verteilt ausgestaltet.