Wollte ich in meinem durch den anziehenden Bach-Schatz und die hohen Kirchentage geförderten Mitteilungsbedürfnis bei der letzten Kantate im Mai am liebsten noch gleich die Himmelfahrtsvertonungen Gott fähret auf mit Jauchzen, BWV43, und Lobet Gott in seinen Reichen, BWV11, vorstellen, kann ich dies nun tun. Und zwar mit der Konzentration auf eben letztgenanntes Stück, das von Bach selbst – anders als letztlich den nur einmalig 1731 verliehenen Namen des 1725 entstandenen Kommt, eilet und laufet bei weiterer Überarbeitung sowie wegen des Fehlens eines „echten“ Evangelisten und der Tradition wieder revidierte Osteroratorium – durch die Textkontruktion wirklich als Oratorium benannt wurde. Er komponierte es für den Festtag zu Christi Himmelfahrt 1735, also nach den zum Beginn des Kirchenjahres aufgespielten sechs Kantaten zu Weihnachten, Neujahr, 1. Sonntag und Epiphanias, die heute am prominentesten mit dem von Bach da erstmals beibehaltenen Begriff des Oratoriums versehen sind. Gemein haben sie neben der natürlich gerade angesprochen formativen und musikalisch rollentechnisch umgesetzten Berichts-Grundlage Picanders die volle Feierbesetzung, während bei der neun Jahre zuvor für Leipzig erstellten Kantate BWV43 Bach recht überraschend auf die Traversflöten verzichtete.
Den Zusammenhang mit der früheren, sehr schmissigen Himmelfahrtskantate erwähne ich hier deshalb ausnahmsweise im Korsett der Beschränkung auf ein nähergebrachtes Werk pro Monat und im bereits angehobenen, gleich gar noch ergänzten und fortgeführten Dickicht anderer Bezugspunkte, weil sich Bach selbst seiner Gedanken dazu bediente. So erinnerte er sich an Johann Rists Choral Du Lebensfürst, Herr Jesu Christ, dessen erste und dreizehnte Strophe er damals ans Ende der Kantate setzte. Die Vierte benutzt er für den Choral „Nun liegt alles unter dir“, der den ersten Teil des Himmelfahrtsoratoriums kontrastierend, schlicht und andächtig beschließt. Eröffnet wird er dagegen von einem wie in BWV43 voll Auffahrtsfreude quellenden Pracht-Chor in unerlässlichem D-Dur, der im mitnehmenden Gestus und aufmüpfigen, doch mittlerweile bekannten, in pietistischer Stadt aufgenommenen Ansprachegeschick wie ein ausgelassener Tanz um den weltliche Liebe versprechenden Maibaum wirkt. Er entnahm ihn wiederum der heute verschollenen Thomasschulen-Musik Froher Tag, verlangte Stunden. Den festlich-freudigen und nach dem Verlassenwerden trotzenden Charakter in selbiger Tonart greift der Finalchor als instrumentalsätzige Klammer wieder auf, auch um den abschiedlichen, eigentlichen Moll-Choral „Wenn soll es doch geschehen“ zur einklänglichen Behütungs-, Erlösungs- und Wiedersehenshoffnung zu machen.
Abermals nahm Bach sein Weihnachtsoratorium zum Vorbild, ähnelt der Chor doch dem Abschluss der Epiphanias-Kantate. Und weiteres dürfte Ihnen vertraut erscheinen, wenn ich die Paralleltonart von D-Dur erwähne, nämlich h-Moll. Ja, die erste der zwei Arien, die die Empfindung der Jünger zum Aufbruch Jesu gen Gottes Reich nach vierzigtägiger Wiedervereinigung aus dem dies ansonsten konsequent beschreibenden Rezitativ-Text kantabel herausheben, ist die berüchtigte Alt-Partie „Ach, bleibe doch, mein liebstes Leben“, die Bach später in seine Hohe Messe überträgt. Die zweite füllt der Sopran in „Jesu, deine Gnadenblicke“ aus, die die Besonderheit aufweist, ohne Basso gesetzt zu sein. Dafür hauchen die anfänglich erwähnten Traversi zusammen mit der Solooboe und Streichern ein friedfertiges, bruderliebendes Lebwohl und vertrauendes Bis-dann ein. Bis zur nächsten Ausgabe: eine gesegnete Christi Himmelfahrt!