Diesen Oktober spricht Bachtrack mit Komponisten und Choreographen aus aller Welt über ihre Musik, ihre künstlerische Herangehensweise und alles Zeitgenössische. David Lang, Gewinner des Pulitzer-Preises, erzählt aus seiner eigenen, einzigartigen Sicht.

Sie haben in Ihrer Karriere für ein breites Spektrum an Medien komponiert – nicht nur für den Konzertsaal, sondern auch für Tanz und Film. Wie ändert sich Ihre Herangehensweise, wenn Sie sich mit diesen verschiedenen Medien beschäftigen?

Ich habe die meiste Zeit meines Lebens als freischaffender Komponist verbracht, darum habe ich viel in den sehr unterschiedlichen Sparten der Musikwelt gearbeitet, und in vielen, sich andauernd verändernden Rollen. Ich denke nicht wirklich lange darüber nach, wie sich meine Arbeit beim Komponieren für diese verschiedenen Medien ändert – mich interessiert viel mehr, wie das, was ich von einem Medium lerne, provokativ sein kann, wenn es auf ein anderes angewandt wird. Ich habe beispielsweise so viel vom Schreiben fürs Theater gelernt, dass jede live-Vorstellung jetzt wie Theater für mich aussieht. 

Wie verändert sich Ihr künstlerischer Ansatz, wenn Sie mit anderen Künstlern und Darstellern interagieren und zusammenarbeiten? Wie gehen Sie als Künstler an eine Gemeinschaftsarbeit heran im Gegensatz zu einer Komposition, für die Sie allein verantwortlich sind?

Zusammenarbeit ist im Grunde ein Akt der Bescheidenheit – man erkennt an, dass jemand eine Fähigkeit oder ein Talent hat, das man selbst nicht besitzt, und dass das eigene Werk verbessert werden kann, wenn jemand anderes seine Arbeit hinzufügt. Viele Gemeinschaftsprojekte lassen genug Raum in dem, was man tut, sodass eine weitere Person dazukommen kann.

Ihre Musik wurde in der Vergangenheit auch von Choreographen interpretiert, auch dann, wenn die Musik ursprünglich gar nicht als Tanzmusik gedacht war, zum Beispiel Work and Process for Morphoses vor ein paar Jahren. Wie reagieren Sie darauf? Ist das ein Faktor, den Sie jetzt beim Komponieren im Kopf haben?

Ich liebe es, wenn meine Musik getanzt oder für andere Zwecke verwendet wird. Zunächst einmal wünsche ich mir für alles, das ich schreibe, ein langes und glückliches Leben. Manchmal hört ein Choreograph oder Filmemacher ein Detail in etwas, das ich geschrieben habe, das mein Stück in eine Richtung schieben kann, an die ich nie gedacht hätte, das finde ich aufregend. Und all die anderen Nutzer geben meinen Stücken mehr Gründe zum Leben.  Außerdem wird Tanzmusik manchmal in einem riesigen Raum gespielt, aus riesigen Lautsprechern, richtig laut aufgedreht. Das gefällt mir.

Welcher Aspekt des Komponierens stellt für Sie die größte Herausforderung dar? Wie sehr hängt das davon ab, ob Sie für Konzert, Tanz oder Film schreiben?

Filmmusik war schon immer sehr schwierig für mich. Choreographen oder Theaterleute wünschen sich etwas Vages, Unspezifisches von einem Musikstück – eine Stimmung oder ein Gefühl, oder sie möchten die Musik als Begleitung für eine andere Handlung. Für Filmemacher allerdings muss die Musik oft einen bestimmten Zweck erfüllen. Lassen Sie diese Stimmung zu dieser werden, in 7 ½ Sekunden! Fangen Sie die Gefühle dieses Charakters ein, genau dann, wenn sein finsterer Blick zum Lächeln wird! Das sind Aufgaben, die einem gelingen oder misslingen können, darum können sie sehr viel aufreibender sein. Das bedeutet aber nicht, dass sie weniger Spaß machen – ich habe gerade erst die Filmmusik Paolo Sorrentinos neuem Film geschrieben und es war super – aber Musik schreiben zu müssen, um ein spezifisches filmisches Problem zu lösen heißt auch, dass ich scheitern könnte. Und das will ich nicht. 

Welchen wichtigen Ratschlag können Sie den aufstrebenden Komponisten von heute geben?

Wissen Sie, ich habe in meinem Leben schon eine Menge Musik geschrieben. Ich bin immer mehr der Überzeugung, dass das Geheimnis des Komponierens das Komponieren selbst ist. Je mehr ein Komponist schreiben kann, und je mehr ein Komponist hören kann, was er oder sie geschrieben hat, und je ehrlicher der Komponist mit sich selbst sein kann, ob er oder sie zufrieden mit dem Ergebnis ist, desto besser. 

 

Um ein Interview mit dem Choreographen Pontus Lidberg zu lesen, der mit David Lang zusammengearbeitet hat, klicken Sie hier.  

 

Aus dem Englischen übertragen von Hedy Mühleck