Mit einem Konzertprogramm, das sich den Werken von Richard Strauss und Anton Bruckner widmete, begingen die Grazer Philharmoniker den Abschluss der Saison 2022/23 im Stefaniensaal. Im Rahmen des zehnten Orchesterkonzerts des Musikvereins für Steiermark bescherten die Musiker*innen unter der Leitung von Gabriel Feltz dem Publikum dabei trotz hochsommerlicher Temperaturen so manche Gänsehautmomente.

In der ersten Konzerthälfte stand Strauss‘ Tondichtung Tod und Verklärung am Programm, wobei es Orchester und Dirigent, die in den letzten Jahren im Grazer Musikverein bereits wiederholt für Konzerte zusammengearbeitet haben, ausgezeichnet gelang, die erzählte Geschichte des sterbenden Kranken plastisch in Musik zu gießen. Farbenreich gestalteten sie eingangs den unruhigen Schlaf und das Erwachen; energisch aufgewühlt und gleichzeitig klanglich transparent wurde den Schmerzen und Krämpfen Ausdruck verliehen. Eher irdisch als entrückt mutete schließlich die Verklärung an; Feltz‘ Interpretation stellte nämlich weniger die Auflösung der Seele, sondern viel mehr den über den Tod hinausgehenden Tatendrang in den Vordergrund. Überhaupt schienen sowohl Feltz als auch die Grazer Philharmoniker an diesem Abend in den monumentalen, ausladenden Stimmungswelten weitaus lieber zu verweilen als in den zarten Momenten. Nicht dass diese nicht auch delikat gespielt wurden – so etwa von den bestens disponierten Streichern, die in ihrem Spiel golden schimmernde Farben strahlen ließen –, aber organischer wirkte der Klang bei anschwellender Dynamik und straffen Tempi.
Dieser Eindruck setzte sich auch nach der Pause bei Bruckners Symphonie Nr. 9 fort, bei der der Dirigent besonderen Fokus auf die Opulenz und die überwältigende Epik des unvollendeten Werks legte. Da wurden etwa theatralische Pausen im dritten Satz voll ausgekostet, zupackende Fortissimi regelrecht zelebriert und Höhepunkte drastisch zugespitzt. Im zweiten Satz wurde die schmale Linie zwischen flott und gehetzt nie überschritten, selbst wenn die Musiker*innen vom Pult aus zu viel Vorwärtsdrang angehalten wurden. Überhaupt schien weniger die metaphysische Komponente an diesem Abend in den Vordergrund gestellt zu werden, sondern eher ein feines Herausarbeiten der Stellung des Werks an der Schwelle zwischen Romantik und Moderne vorgenommen zu werden. Denn einerseits meinte man immer wieder, Anklänge an Wagners Tristan und dessen inneres Drängen erinnert zu werden, während man sich an anderen Stellen beinahe fragte, ob hier nicht bereits Vorgriffe auf das frühe 20. Jahrhundert und dessen flirrende Stimmung herauszuhören sind. Dadurch wirkte das Werk zwar ungewohnt frei von spiritueller Naivität und Erlösungs-Romantik, gewann dadurch aber zweifelsohne an spannenden Facetten und überwältigte beim Zuhören auf neue Weise. Wie bereits in der ersten Hälfte des Konzertabends bei Strauss konnten auch bei Bruckner insbesondere die Bläser, allen voran die Blechbläser, glänzen. In samtenen Klangfarben und mit einem Hauch Melancholie stachen etwa die Hörner hervor; ebenso elegant vermochten die Tuben ihre Akzente zu setzen. Neben den ausgezeichneten Leistungen der einzelnen Instrumentengruppen war es an diesem Abend aber der Gesamtklang, der beeindruckte: so blieben auch in den monumentalen Passagen alle zarten Details stets deutlich hörbar und konnten dadurch im Zusammenspiel erst recht glänzen.