Das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin gibt in dieser Spielzeit kein Konzert, ohne dass dabei ein Werk einer Komponistin zu Gehör kommt. An diesem Abend in der Berliner Philharmonie und dirigiert von Robin Ticciati war es die Uraufführung von Charlotte Brays im Auftrags des DSOs komponierten A Dark Doorway. Leise flirrend fing das Stück mit Flatterzungentönen an, die aus Flöten in allen Stimmlagen kamen. Dies breitete sich als Crescendo über die Streichertriller allmählich im gesamten Orchester aus, bis regelrechte Schmerzensschreie zu hören waren. Dann ging das Ganze wieder in sich zurück, bis nur noch Einzeltöne im Kontrafagott und in der Oboe erklangen.

Und auch in der federleichten, an manchen Stellen wunderschön abschattierten Liebesszene aus Berlioz’ Roméo et Juliette zeigten Ticciati und das DSO Berlin, auf welch hohem Niveau sie musizierten.
Mit dem zweiten Akt aus Wagners Tristan und Isolde folgte der Hauptprogrammteil nach der Pause.Konzertante Aufführungen von Opern haben in Berlin eine lange Tradition. Karajan, Abbado, Rattle und Petrenko, aber auch Runnicles und Janowski haben in denkwürdigen Aufführungen die fehlende Bühne vergessen gemacht. Und wenn man es recht bedenkt, braucht der zweite, fast handlungsfreie Akt von Wagners Oper auch nicht unbedingt eine szenische Darstellung. Dass seine Aufführung mit hochkarätigen Solist*innen nicht sehr überzeugend gelang, lag aber nicht an der fehlenden Inszenierung.
Es muss wohl nicht betont werden, dass die Sänger und Sängerinnen in Tristan und Isolde auch dann Übermenschliches zu leisten haben, wenn nur ein Akt daraus gespielt wird. Doch die Anstrengung, mit der Michael Weinius und Dorothea Röschmann ihre Rollen darboten, behinderte schon am Beginn der zweiten Szene, dass ihr Wiedersehen als alles durchwirbelnder Taumel miterlebt werden konnte. Im anschließenden „Tagesgespräch“ der beiden darf es etwas härter zugehen; denn die beiden haben noch alte Konflikte miteinander auszutragen, bevor sie sich vereinigen können. Dass sich zwischen den beiden aber kein rechter Dialog entfalten konnte, der dann mit den Worten „Sehnen hin zur heiligen Nacht“ seine Wendung nach innen nimmt, um in die Liebesszene zu führen, lag auch daran, dass dieser Dialog um ein nicht unerhebliches Stück gekürzt worden war. So überstürzten sich die Ereignisse, was das letztlich epische Drama nicht verträgt.
Röschmann hat erst im vergangenen Jahr ihr vielgelobtes Debüt mit der Partie der Isolde gegeben. Doch an diesem Abend war nicht allein zu beklagen, dass kaum ein Wort zu verstehen war, sondern auch, dass sie viel zu viel Kraft in ihren Gesang legte. Ihre Stimme wirkte dabei regelrecht verhärtet. Auch im Streitgespräch, wo noch die egoistischen Grenzen vorherrschten, kam es einem so vor, dass sie es als Mittel zum Ausdruck einsetzte, wenn ihr die Spitzentöne fast schrill gerieten. Erst im Liebesduett und vor allem in ihrer Antwort, Tristan zu folgen, wurde es deutlich besser, doch jener narkotische Klang, den diese Musik braucht, um zu wirken, entfaltete sich in ihrer Stimme an diesem Abend nicht.
Michael Weinius war bedeutend sicherer mit seiner Partie, doch eine rechte Botschaft mit seiner Rolle brachte er auch nicht über die Rampe. Zu Beginn setzte auch er wie Röschmann vor allem auf Lautstärke, obwohl er besser zu verstehen war als sie. Leider fehlten aber auch bei ihm manche Töne. Und so wurde es tatsächlich erschütternd erst dort, wo sich mitunter in anderen Aufführungen von Tristan und Isolde etwas Langeweile ausbreitet: in Markes langem Monolog. Franz-Josef Selig verteidigte im tiefen Bass die Tageswelt mit voller Inbrunst. Karen Cargills Mezzosopran war eine zunächst hellwache Brangäne, die messerscharf zu Beginn Isolde zur Besinnung zu bringen versuchte. In Ihrem „Wachtgesang“, ganz von oben aus Block K gesungen, wusste sie etwas von dem „Nachtzauber“ zu verbreiten – herrlich begleitet von dem glänzend disponierten Orchester.