„Freiheit wagen“ hieß das Motto der diesjährigen Konzertreihe des Heidelberger Frühlings; ein Motto, das bei einem so klassischen Konzertprogramm wie Ludwig van Beethovens Erste und Vierte Symphonie sowie Joseph Haydns Erstem Cellokonzert, gespielt vom Cellisten Gautier Capuçon und dem WDR Sinfonieorchester unter der Leitung von Jukka-Pekka Saraste, auf deren Gestaltung neugierig machte.
Und Gautier Capuçon brillierte in den hochvirtuosen Passagen des Haydnschen Cellokonzertes und zeigte mit seiner harten Artikulation und dem kernig-präzisen Klang eine ungeahnte Dimension des gemeinhin für romantisch und weich gehaltenen Celloklangs. Das WDR Sinfonieorchester zeigte sein herausragendes Können in einer von dynamischer, artikulatorischer Vielfalt und beeindruckenden Präzision des Zusammenspiels ausgezeichneten Interpretation der Beethovenschen Sinfonien, die der Zuhörer hier in einer ganz eigenständigen und ungewöhnlichen Klangvielfalt erleben durfte.
Doch von Anfang an: Mit Beethovens Erster Sinfonie eröffnete das WDR-Orchester spannungsvoll das Finalkonzert. Dramatik lag in dem eröffnenden, dissonanten Dominantseptakkord, der nicht etwa die Grundtonart einführte, sondern in die Subdominante mündete. Eine harmonische Spannung, die das Orchester dynamisch reflektierte und bis zum Erscheinen des ersten Themas aufrechterhielt: Beginnend mit zwei punktierten Motiven erhob sich dieses Thema beschwingt und mündete in schlagende, mächtige Akkorde. Kaum größer konnte der Kontrast sein zu dem filigran gestalteten Seitenthema, das nunmehr zwischen Oboe und Flöte oszillierte, um alsdann in den Streichern zu erscheinen und wiederum in eine vom ersten Thema dominierte, dramatische Steigerungspassage geführt zu werden.
Ausgezeichnet verdeutlichte das Orchester die dramatischen musikalischen Kontraste dieser Exposition, und insbesondere die Holzbläser brillierten beim zweiten Thema durch ihr präzises Wechselspiel und die schillernde Färbung, die sie diesem Thema verliehen. In der sich anschließenden Durchführung arbeitete das Orchester die Kontraste zwischen den Motiven der beiden Themen weiter aus. Der Satz schloss nach dem erneuten Erscheinen der beiden Themen mit einer dramatischen Steigerung ins Fortissimo.
Den spielerischen Charakter des dritten Satzes, der sein Thema aus einer tonleiterartigen Folge entwickelt, vermittelte das Orchester überzeugend: Mal hetzte es nach vorne, mal „störte“ es die Skalenfolgen durch unregelmäßige Betonungen und präzise gegen das Metrum gesetzte Akkordschläge und stets genau folgte es den vielen von Beethoven vorgeschriebenen Dynamikwechseln, die dieses motivisch einfach strukturierte musikalische Material so kunstvoll mit stetigen Überraschungen zu versehen vermögen. Besonders außergewöhnlich legte Beethoven den Schlusssatz an, der nach einer an dieser Stelle unerwarteten langsamen Einleitung erst allmählich ein Thema konstituiert. Auch hier brillierte das Orchester, indem es die musikalische Spannung bis zum Erklingen des vollständigen Themas aufrecht erhielt, die dynamischen Feinheiten präzise herausarbeitete und so gekonnt dieses besondere Werk mit einer furiosen Schlusssteigerung abschloss.