Weil sich Marc Minkowski mit seinem Ensemble Les Musiciens du Louvre Grenoble vor einiger Zeit den Symphonien Schuberts gewidmet hatte, steht nun folgerichtig Mendelssohn auf der Erkundungsagenda. Und nachdem bei der Mozartwoche die Reformations-Sinfonie und die Hebriden-Ouvertüre den Anfang gemacht hatten, sollte Zeit für seine berühmtesten Orchesterwerke, die Schottische und die Italienische Symphonie sein. Allerdings landete die gerade gegebene Reformations-Sinfonie anstelle der Vierten nun auch im Programm des Konzerts in der Alten Oper Frankfurt. Das bildete zudem den Auftakt eines kleinen hauseigenen Mendelssohn-Zyklus', der in dieser Woche mit Sir John Eliot Gardiners Interpretation der Ersten Symphonie und des Sommernachtstraums fortgesetzt wird; im Gegensatz dazu kam Mendelssohn auf (nachgebauten) Originalinstrumenten mit wie üblich tieferer Stimmung daher.
Zunächst erwartete den Zuhörer nochmals die Hebriden-Ouvertüre – ein wunderbares Konzertstück, bei der Stimmung und Bilder der damaligen Fahrt zur Insel Staffa jedes mal so faszinierend lebensnah projiziert werden als hätte man sie selbst erlebt. Nach gemächlicher Einleitung der präsenten, das Wellenthema imitierenden Bratschen, Celli und Fagotte schienen die Bläser bei der mit ihren Motiven angekündigten Gefahr selbst kurz etwas verirrt und von den kommenden Klippen und Untiefen überrascht. Sie fingen sich aber schnell und besonders die herrlich schroff und bedrohlich artikulierenden Naturhörner und -trompeten, die hart auf Kante waren, malten eindrucksvoll die gefährliche, aufgeladene Überfahrt. Die wuchtigen Streicher türmten mit ihren phrasiert-wiegenden Wellenmotiven immer höhere Wassermassen auf. Lediglich die gewitterdonnernde Pauke (eher dumpf) kam nicht wirklich zur Geltung. Für kurze Erholung sorgten im Mittelteil die warm-liebliche Klarinette samt pianissimo-Streichern, um im Fortgang abermals in der unberechenbaren Gewalt Neptuns zu landen, ehe endlich das Land erreicht ist.
Einmal auf der Insel angekommen passte dazu natürlich seine dritte und letzte Symphonie, in der Mendelssohn seine Eindrücke und schiere Begeisterung von diesem Land breiter ausdrücken konnte. Minkowski zog jedoch, anders als angekündigt, die Reformations-Symphonie vor – eine gute Idee, hielt er damit nicht nur die Werkchronologie ein (schließlich ist die fünfte eigentlich Mendelssohns zweite Symphonie), sondern konnte auch den thematischen Kreis mit dem Schottlandthema wieder schließen. Zwar hätte die noch ursprünglicher geplante Italienische die optimale Ergänzung zur Reiseberichterstattung geliefert, zumal mit zwei ausscheidenden Hörnern ein praktischer Umstand, doch so brachten die Posaunen, Ophikleide und Kontrafagott einen weiteren dramatischen Effekt in die Farbwelt dieses Mendelssohnprogramms ein. Schließlich sind sie die tragende Ausrüstung für die Choralmotive, dem Dresdner Amen sowie der feierlich gesteigerten und anlassgerechten Hymne Luthers Ein feste Burg ist unser Gott.